Moderne Passagierkontrollsysteme an Flughäfen sind eines der potenziellen Ergebnisse von Innovationspartnerschaften.

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Der Ruf des Vergaberechts ist durch die Ibiza-Affäre – ungerechtfertigt – etwas in Mitleidenschaft gezogen worden. In der Praxis ist allerdings klar, dass es sich um eine im Wesentlichen robuste Rechtsmaterie handelt, die Möglichkeiten bietet, sich gegen unlautere Einflussnahmen zur Wehr zu setzen. Sowohl für Auftraggeber als auch für Bieter.

Wofür das Vergaberecht manchmal zutreffenderweise berüchtigt ist, sind seine Förmlichkeit und ein starres Regelungskorsett, in dem Auftragsvergaben stattzufinden haben. Nicht unbedingt bekannt ist das Vergaberecht für seine Möglichkeit, Innovation zu fördern. Die Gesetzeslage vor dem im August 2018 in Kraft getretenen Bundesvergabegesetz 2018 hat zwar bisher schon eine gewisse Flexibilität in der Beschaffung ermöglicht.

Der insbesondere für innovative Auftragsvergaben konzipierte wettbewerbliche Dialog hat aber wegen seiner vergaberechtlichen Komplexität ein Schattendasein geführt. Für die gänzliche Neuentwicklung innovativer Leistungen bieten der wettbewerbliche Dialog wie auch das Verhandlungsverfahren keine passende Grundlage. Auch die "vorkommerzielle Beschaffung" hat im Wesentlichen nur im Bereich echter Forschungsarbeit Relevanz.

Das Bundesvergabegesetz 2018 hat mit der Einführung einer neuen Vergabeverfahrensart, der Innovationspartnerschaft, eine wesentliche Änderung in der innovativen Beschaffung gebracht. Der Auftraggeber entwickelt dabei mit einem oder mehreren Partnern in verschiedenen Phasen eine innovative Leistung, die bisher am Markt so noch nicht verfügbar war.

Solche Partnerschaften haben etwa die Entwicklung von Softwarelösungen für die bessere Nutzung öffentlicher Gebäude, von digitalen Parkplatzinformationssystemen bzw. von neuen Personenkontrolleinrichtungen an Flughäfen zum Ziel.

Vorteile für Auftraggeber

Werden die vereinbarten Kostengrenzen und das Leistungsniveau eingehalten, kann der Auftraggeber diese neuentwickelte Leistung ohne ein weiteres Vergabeverfahren direkt erwerben.

Im Vergleich zu den bisherigen Alternativen bietet die Innovationspartnerschaft wichtige Vorteile für Auftraggeber. Der vergaberechtliche Teil der Innovationspartnerschaft besteht grundsätzlich nur aus einem "regulären" Verhandlungsverfahren, das sich in der Praxis seit jeher bewährt hat.

Die Forschungs- und Entwicklungsphase und die Erwerbsphase als weitere Stufen der Innovationspartnerschaft finden nach Zuschlagserteilung, also nach Beendigung des Vergabeverfahrens an sich, statt. Es erfolgt im Rahmen der Innovationspartnerschaft demnach keine "unnötige" Verlängerung des Vergabeprozesses wie beim wettbewerblichen Dialog.

Die entwickelte Leistung kann außerdem unmittelbar von den Partnern der Innovationspartnerschaft erworben werden. In der "vorkommerziellen Beschaffung" hingegen müssen Bieter oft um ihre Entwicklungsleistungen fürchten, wenn der Bezug der Leistung neu ausgeschrieben werden muss und damit Know-how des forschenden Partners veröffentlicht wird.

Für die Partner der Innovationspartnerschaft ergibt sich darüber hinaus der Vorteil, dass sie für ihre Entwicklungsleistungen im Rahmen der erreichten Zwischenziele die vereinbarte Vergütung erhalten, das Kostenrisiko der Entwicklung trägt zumindest teilweise der Auftraggeber.

Die Knackpunkte sind aber ebenso evident. Das Vergabeverfahren ist weiterhin komplex. Es muss die Vergleichbarkeit von Angeboten durch – in der Regel mehrere – Verhandlungsrunden und die entsprechende Ausgestaltung der Zuschlagskriterien sicherstellen, was im Hinblick auf eine erst zu entwickelnde Leistung zu den eher schwierigen vergaberechtlichen Aufgaben gehört.

Stolpersteine in Verträgen

Stolpersteine bestehen auch bei der Vertragsgestaltung. Im Innovationspartnerschaftsvertrag sind für die Forschungs- und Entwicklungsphase Zwischenziele festzulegen sowie Kriterien für deren Erreichung zu formulieren. Wird das vereinbarte Leistungsniveau unter- oder die Kostenobergrenze überschritten, ist der Erwerb der entwickelten Leistung nicht mehr zulässig. Dafür müssen vertragliche Vorkehrungen getroffen werden.

Die Flexibilität in der Forschungs- und Entwicklungsphase ändert außerdem grundsätzlich nichts an der formalen Strenge im Rahmen der Vergabephase, beispielsweise was die Eignung der Bieter angeht. Weiterhin sind insbesondere geforderte Nachweise rechtzeitig vorzulegen und Fristen einzuhalten, um das Verfahren nicht unfreiwillig vorzeitig verlassen zu müssen.

Bisher wurden nur wenige Innovationspartnerschaften in Österreich bekanntgemacht, das Instrument steckt noch in den Kinderschuhen. Das große Interesse an der neuen Vergabeverfahrensart ist aber gerechtfertigt, da die Vorteile der flexibleren Beschaffung die Komplexität in der Gestaltung der Ausschreibung und die umfangreichen Vorbereitungen überwiegen. Gemessen an der Zahl der Veröffentlichungen scheint die Innovationspartnerschaft im Vergleich zum wettbewerblichen Dialog schon im ersten Jahr des neuen Vergabegesetzes auf einem besseren Weg, fixer Bestandteil der Vergabepraxis zu werden. (Rudolf Pekar, 5.6.2019)