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Donald Trump hält mit seiner Meinung zur Nachfolge von Theresa May nicht hinterm Berg: So findet er lobende Worte für die Brexit-Hardliner Boris Johnson und Nigel Farage (Archivbild vom Juli 2018).

Foto: Reuters / Hannah McKay

Über der Stadt kreisen US-Militärhubschrauber, im Buckingham-Palast wird der rote Teppich gebürstet, Demonstranten drucken eifrig Plakate: Im stickig-schwülen London sind die Vorbereitungen auf den Staatsbesuch des US-Präsidenten in vollem Gang. Alter Gewohnheit folgend, belebte Donald Trump schon vor seiner Ankunft am Montag die politische Debatte auf der Insel. In Interviews warb er für den Chaos-Brexit, lobte Nationalpopulist Nigel Farage als "sehr klug" und empfahl den Konservativen die Wahl Boris Johnsons zum Parteichef: "Er wäre ein exzellenter Premierminister."

Während am Amtssitz der scheidenden Premierministerin Theresa May peinliches Schweigen herrschte, meldete sich Oppositionsführer Jeremy Corbyn zu Wort. Die Einmischung des Gastes in die britische Politik sei "völlig inakzeptabel", schäumte der Labour-Chef. Der nächste Regierungschef sollte weder vom US-Präsidenten noch von den Mitgliedern der konservativen Partei bestimmt werden. Vielmehr brauche das Land eine Unterhauswahl.

Hunderttausende Demonstranten erwartet

Wie bei Trumps Arbeitsbesuch im Juli 2018, macht auch diesmal die Opposition gegen ihn mobil. Zur Großkundgebung gegen den Präsidenten am Dienstag erwarten die Veranstalter eine Viertelmillion Menschen. Teilnehmen will unter anderem die Schatten-Außenministerin der Labour-Opposition, Emily Thornberry. Es gehe nicht nur um die Person Trump, findet eine der Mitorganisatorinnen, Alena Iwanowa von der linken Lobbygruppe Another Europe is Possible: "Es geht um Trumpismus, die Politik von Rassismus und Engstirnigkeit."

Scotland Yard hat mehr als 10.000 Beamte in der City zusammengezogen; der Protestzug soll auf dem Weg zum Parliament Square von der Downing Street ferngehalten werden, wo zur gleichen Zeit politische Gespräche und eine gemeinsame Pressekonferenz mit May stattfinden sollen.

Schweigende Zustimmung zu Clinton

Der schwierige Besuch geht auf eine Einladung zurück, welche die Regierungschefin selbst kurz nach Trumps Amtseinführung ausgesprochen hat. Damals war May nach Washington geeilt, um die transatlantischen Beziehungen zu retten, die durch Londons stillschweigende Unterstützung für Trumps Gegenkandidatin Hillary Clinton gefährdet schienen.

Schon damals erhob sich Widerstand dagegen, dem Verächter des westlichen Bündnisses schöne TV-Bilder für die geplante Wiederwahl zu garantieren. Eine Rede im Unterhaus komme jedenfalls nicht infrage, sagte Speaker John Bercow damals: denn das Unterhaus sei vereint "gegen Rassismus und Sexismus, es unterstützt die Gleichheit vor dem Gesetz und die Unabhängigkeit der Justiz".

Die Fernsehbilder müssen nun Queen Elizabeth II und Thronfolger Charles liefern, wenn sie Trump am Montag mit militärischen Ehren empfangen und ihm das Staatsbankett ausrichten. Zwischendurch legen Trump und seine Gattin Melania in der Westminster Abbey einen Kranz am Grab des unbekannten Soldaten nieder – Auftakt der Gedenkveranstaltungen zum 75. Jahrestag der Invasion in der Normandie, die am Mittwoch im englischen Portsmouth und am Donnerstag in Frankreich weitergehen. Dort führt der US-Präsident Gespräche mit Präsident Emmanuel Macron und Irlands Premier Leo Varadkar.

Businessfrühstück

Beim Frühstück mit Geschäftsleuten und den Gesprächen in der Downing Street am Dienstag dürfte es vor allem um Handelsfragen gehen. In den Interviews mit The Sun und The Sunday Times, beides Blätter des US-australischen Medienzaren Rupert Murdoch, stellte Trump den Briten für die Zeit nach dem Brexit einen raschen Handelsvertrag in Aussicht. "Wir haben enormes Potenzial, um mehr als auszugleichen", was Großbritannien an Handel mit der EU verlorengehe, behauptete der US-Präsident.

Drängen wollen Trump und sein Sicherheitsberater John Bolton die Briten zu einer härteren Haltung gegenüber dem Iran und China – auch wenn Außenminister Mike Pompeo zuletzt die Bereitschaft der USA zu Gesprächen mit dem Iran ohne Vorbedingungen erklärte. Dass May die chinesische Telekomfirma Huawei nicht vom geplanten G5-Mobilfunk ausgeschlossen hat, sorgt in Washington für Verstimmung. "Die nationale Sicherheit ist so wichtig, wir müssen alle gemeinsam sehr vorsichtig sein", sagte Trump und verwies auf die enge Militär- und Geheimdienstzusammenarbeit mit der früheren Kolonialmacht. (Sebastian Borger aus London, 2.6.2019)