Wolfgang Peschorn, bisher Präsident der Finanzprokuratur, wird neuer Innenminister der Republik Österreich.

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Wien – Die neue Regierung der designierten Kanzlerin Brigitte Bierlein ist komplett. Das gab die ehemalige Verfassungsgerichtshof-Präsidentin am Sonntag gegenüber der APA bekannt. Innenminister wird demnach Wolfgang Peschorn, bisher Präsident der Finanzprokuratur. Sozialministerin wird die bisherige Sektionschefin im Sozialressort, Brigitte Zarfl.

Finanzminister wird der Leiter der Sektion 1 im Finanzressort, Eduard Müller. Er übernimmt auch die Agenden für öffentlichen Dienst und Sport.

Auch die übrigen Ministerposten sind fix. Verkehrsminister wird demnach Andreas Reichhardt, der unter Ex-Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) als Generalsekretär fungiert hatte. Nach dieser Ernennung berichtete "Profil" bereits 2017 über rechtsextreme Wehrsportübungen Reichhardts gemeinsam mit dem damaligen FPÖ-Vorstizenden Heinz-Christian Strache.

Für das Verteidigungsministerium ist Thomas Starlinger vorgesehen, Generalmajor des Bundesheers und seit Jänner 2017 Adjutant von Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

Für das Landwirtschaftsministerium ist Maria Patek vorgeschlagen, sie war zuletzt als Leiterin der Sektion III im Landwirtschaftsministerium tätig. Als Wirtschaftsministerin schlägt Bierlein wie kolportiert Elisabeth Udolf-Strobl vor, sie leitet derzeit die Sektion V (Kulturelles Erbe) in diesem Ressort.

Bildungsministerin wird Iris Eliisa Rauskala, sie leitete bislang die Präsidialsektion. Für das Frauenministerium wird Ines Stilling vorgeschlagen. Sie war zuletzt Leiterin der Sektion für Frauenangelegenheiten und Gleichstellung im Bundeskanzleramt.

Jabloner und Schallenberg bereits bekannt

Vizekanzler und Minister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz wird wie bereits von Bierlein angekündigt Clemens Jabloner, der über zwei Jahrzehnte Präsident des Verwaltungsgerichtshofs war.

Ebenfalls bereits bekannt gemacht hatte Bierlein ihre Wahl für das Außenministerium: Dieses wird mit Botschafter Alexander Schallenberg, Leiter der Europasektion im Bundeskanzleramt und enger Mitarbeiter von Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP), besetzt. Er übernimmt auch die EU-Agenden sowie jene für Kunst, Kultur und Medien.

Angelobung am Montag um 11 Uhr

Bundespräsident Van der Bellen hat Bierleins Vorschläge akzeptiert und mit allen zu ernennenden Ministerinnen und Ministern Gespräche geführt. Das bestätigte der Sprecher des Präsidenten auf Anfrage der APA. Van der Bellen wird die Bundesregierung am Montag um 11 Uhr im Maria-Theresien-Zimmer der Präsidentschaftskanzlei ernennen und angeloben.

Bierlein hatte Van der Bellen nach Gesprächen sowohl mit den zukünftigen Mitgliedern ihrer Regierung als auch mit den Vorsitzenden der im Parlament vertretenen Parteien ihre Personalvorschläge für die Ministerämter überreicht.

Klein und ausgeglichen

Das Kabinett wird eine der kleinsten Regierungen der Zweiten Republik sein – und vor allem das bisher weiblichste. Nicht nur, dass am Montag erstmals eine Bundeskanzlerin angelobt wird, auch die Hälfte der mit der Kanzlerin zwölf Regierungsmitglieder werden Frauen sein. Bisheriger Rekord waren 40 Prozent Frauenanteil unter Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ).

Unter Sebastian Kurz (ÖVP) lag der Frauenanteil in der Regierung bei 37,5 Prozent (inklusive der beiden Staatssekretäre), die Regierung von Kanzler Christian Kern (SPÖ) startete mit 25 Prozent Frauenanteil. Die erste Frau in einer österreichischen Regierung gab es im Kabinett Josef Klaus II, der ab 1966 amtierenden ÖVP-Alleinregierung, mit Sozialministerin Grete Rehor.

Unter Bruno Kreisky (SPÖ) waren es zunächst eine Ministerin und eine Staatssekretärin, diese Zahlen stiegen dann leicht auf zwei Ministerinnen und sechs Staatssekretärinnen ab 1979. Bis 1990 waren maximal zwei Frauen Regierungsmitglieder. Seither pendelte die Quote zwischen 25 und 40 Prozent.

Außerdem wird die Beamtenregierung, die Österreich bis nach der Wahl im September verwalten soll, die kleinste der letzten Jahrzehnte und eine der kleinsten seit 1945 sein. Mit nur zwölf Ministern und ohne Staatssekretäre sind es zumindest vier Regierungsmitglieder weniger als in den vergangenen Jahren üblich.

Rendi-Wagner, Wöginger und Pilz sind zufrieden

Erfreut über die von Bierlein vorgeschlagene Regierung haben sich am Sonntagnachmittag SPÖ und Liste Jetzt gezeigt. Während SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner das "professionelle und umsichtige" Vorgehen Bierleins hervorstrich, freute sich Liste-Jetzt-Mandatar Peter Pilz vor allem über Bierleins Entscheidung für Wolfgang Peschorn als Innenminister.

"Brigitte Bierlein hat in dieser Phase professionell und umsichtig gehandelt und rasch eine ExpertInnenregierung zusammengestellt. Die Gespräche mit der designierten Bundeskanzlerin waren stets von Vertrauen geprägt", erklärte Rendi-Wagner. "Das sind gute Voraussetzungen für Stabilität in den kommenden Monaten. Ich bin zuversichtlich, dass es einen intensiven, regelmäßigen und unvoreingenommenen Dialog zwischen dem Parlament und der künftigen ExpertInnenregierung geben wird."

Pilz freute sich vor allem über die Besetzung des Innenressorts: "Das ist eine ausgezeichnete Personalentscheidung", meinte er. "Peschorn ist ebenso qualifiziert wie unabhängig. Er war als Präsident der Finanzprokuratur einer der wenigen an der Spitze der Republik, die immer die Interessen der Republik Österreichs gegen Eurofighter und Airbus vertreten haben." Pilz zeigte sich froh, dass damit "der Deal zwischen ÖVP und SPÖ, den Strasser-Kabinettsmann Pilsl zum Innenminister zu machen, gescheitert ist". In der "sensibelsten Personalentscheidung" habe Bierlein gezeigt, dass sie "nach dem freiheitlichen Parteiminister Kickl" im Innenministerium auf Unabhängigkeit, Seriosität und Integrität setze. "Das ist ein guter Start für die neue Regierung."

Auch die ÖVP wirkt vorerst zufrieden. "Es ist erfreulich, dass Alexander Van der Bellen und Brigitte Bierlein so rasch eine Übergangsregierung bilden konnten. Die Volkspartei hat dem Bundespräsidenten und der Übergangskanzlerin von Anfang an ihre Unterstützung zugesichert. Dazu stehen wir auch weiterhin und werden im Sinne der Stabilität und der Ordnung in unserem Land handeln", erklärte ÖVP-Klubobmann August Wöginger. Er sei überzeugt, dass die Übergangsregierung die Amtsgeschäfte bis zur Bildung einer neu gewählten Regierung reibungslos weiterführen wird. (red, APA, 2.6.2019)