Humor ist nicht nur, wenn man trotzdem lacht. Wenn man das, was bedroht, noch im letzten Augenblick verlacht, hebt man sich darüber hinweg, überwindet die Unterdrückung zumindest emotional. Man schafft Distanz zwischen der Angst und dem Bewusstsein. Man ermöglicht so eine neue Art von Betrachtung – und eine Unabhängigkeit.

Nicht umsonst ist die jüdische Diaspora reich an jahrhundertealten Witzen, obwohl ihre Geschichte nicht unbedingt zu der erheiterndsten Sorte gehört. Nicht umsonst sind auch die Sammlungen russischer Witze aus Zeiten der Sowjetunion reichhaltig und umfangreich. Es gibt sogar Witze über das Erzählen verbotener Witze. Unterkategorie: Gefängniswitze.

Anbetracht dieser bekannten Tatsachen verwundert es doch, dass derzeit Demonstrationen Unernsthaftigkeit und Infantilität vorgeworfen wird, nur weil sie im Anschluss an die politischen Kundgebungen auch den Spaßfaktor bedienen.

Der Auftritt der Vengaboys am Ende der letzten Donnerstagsdemonstration fällt zwar sicherlich unter die Kategorie skurrile Begebenheit; ihr Spaßlied bekommt allerdings angesichts der vorangehenden Enthüllungen aus dem fernen Ibiza beinahe tragische Facetten.

Es ist besser, darüber zu lachen, was alles möglich ist, als darüber zu weinen. Humor bedeutet nicht, dass man den Ernst der Lage nicht erkennt – sondern das genaue Gegenteil. (Julya Rabinowich, 2.6.2019)