Normalerweise werden im Werk in Villers-Écalles nahe Rouen in Frankreich an die 600.000 Gläser pro Tag mit Nutella abgefüllt. Im Moment steht die Produktion wegen Streiks still.

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Noch herrscht nirgends Panik, aber langsam bemächtigt sich eine bange Frage der Gemeinschaft der Süßschmecker und Fingerschlecker: Was, wenn das Nutella ausginge?

Anlass zur Sorge gibt ein Streik in der weltgrößten Produktion der Haselmus-Schokolade-Paste in dem Ort Villers-Écalles in der Normandie. Dort hat ein Teil der 400 Angestellten am 29. Mai die Arbeit niedergelegt. Und nicht nur das, auch die Zufahrt zu dem Werksgelände ist gesperrt. Seit einer Woche haben es laut den Streikposten keine Lastwagen oder Lieferwagen mehr verlassen.

Die Ausständler verlangen eine Lohnaufbesserung von 4,5 Prozent, eine bessere Bezahlung der Nachtarbeit sowie eine einmalige Kaufkraftprämie von 900 Euro pro Mitarbeiter, wie sie Präsident Emmanuel Macron vor einem halben Jahr im Zuge der Gelbwesten-Krise angeregt hatte.

Verschärfte Lage

Die Geschäftsleitung lehnt dies ab und bietet 40 Euro pro Monat, was einer Lohnaufbesserung um 0,4 Prozent gleichkäme. Am Montagmorgen hat sich die Lage verschärft. Der italienische Nutella-Hersteller Ferrero klagte vor Gericht gegen die Gewerkschaft Force ouvrière (FO), die den Ursprung der Kommandoaktion bildet. Das Streikrecht ist in Frankreich zwar sakrosankt, doch ist es einer Personalminderheit untersagt, die Mehrheit an der Arbeit zu hindern. FO spricht von 160 – von insgesamt 400 – Streikenden, die Direktion von bedeutend weniger. Sie lässt verlauten, eine starke Mehrheit wünsche nichts anderes als die Wiederaufnahme der Arbeit.

Ein französisches Gericht hat Ferrero recht gegeben und die Möglichkeit bestätigt, die Streikenden mit einem Strafgeld zu belegen, solange sie die Werkszufahrt blockieren. Nach inoffiziellen Meldungen kann die Tagesbuße bis zu tausend Euro pro Beschäftigten erreichen. Ferrero hat am Dienstag die Umsetzung der Buße in Aussicht gestellt. Vor gut einem Jahr hatte Ferrero in Frankreich bereits Schlagzeilen gemacht, als Supermärkte den Nutella-Topf vorübergehend zu einem Dumpingpreis von 1,41 Euro (statt 4,50) abzustoßen begannen. Das führte zu kleineren Krawallen vor den Regalen – und in der Folge zu einem gesetzlichen Verbot solcher Superrabatte.

600.000 Gläser pro Tag

In Villers-Écalles werden normalerweise 600.000 Gläser am Tag mit Nutella befüllt, ein Viertel der weltweiten Nutella-Produktion von Ferrero. Beliefert werden die meisten Länder Westeuropas. Dazu fabriziert der kleine Normandie-Ort täglich eine Million Schokoriegel der Marke Kinder-Bueno.

Die Herstellung von Nutella ist laut Angaben der Unternehmensleitung nicht gänzlich zum Erliegen gekommen. Obwohl niemand in Abrede stellte, dass die Versorgung prekär wird, behauptet Ferrero, dass eine von vier Fertigungsschienen nach wie vor in Betrieb sei. Wie die Auslieferung erfolgt, ist allerdings unklar. Hingegen gibt der Süßwarenhersteller aus dem Piemont zu, dass die Herstellung der Kinder-Bueno-Stängel vollständig gestoppt ist.

Nach Einschätzung von Branchenexperten müssen Nutella-Süchtige also vorläufig nicht um ihren Nachschub bangen. Glücklich ist naturgemäß die Gilde der Kinderärzte, die seit langem predigt, die Nutella-Mischung aus 56 Prozent Zucker und 31 Prozent Fettstoffen sei für Kinder gar nicht so bueno. (brä, 4.6.201)