Die Wiener Symphoniker spielen Berlioz.

Wiener Symphoniker

Der Nestor unter den Jazzbassisten, Ron Carter, ist hier auch im klassischen Trio zu hören. Das Hauptstück handelt jedoch von der Begegnung zwischen Wort und Ton (Blue Note). Carter umhüllt bei der Begegnung mit Autor Danny Simmons die Wortkaskaden mit smarter Eleganz. Er ist die zweite improvisierte Stimme eines reizvollen Dialogs. Die Liveaufnahme erinnert daran, wie Carter einst zur Emanzipation des Kontrabasses beitrug und das Instrument quasi an die Rampe geholt hat. Melodische Eloquenz, ein charaktervoller Ton und sehr kultivierte Technik verschmelzen hier auf das Edelste.

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Das klingt zu Beginn eindrücklich zart, schwingt sich jedoch später zu großer Dramatik auf – wie es Hector Berlioz in seiner Symphonie fantastique op. 14 eben imaginiert hat. Die Wiener Symphoniker und ihr scheidender Chefdirigent Philippe Jordan sind beeindruckend flexibel, wenn es darum geht, all die instrumentalen Farben und Stimmungen dieser exzentrisch-genialen Programmmusik zu zelebrieren. Interessant auch die beigefügte Rarität: Lélio ou Le retour à la vie op. 14b ist ein Schwesterwerk der Symphonie, das seinerzeit als deren zweiter Teil uraufgeführt wurde. Faszinierende Kombination.

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Der dunkle Charme seiner Stimme und seine Legatokultur lassen Bariton Matthias Goerne zum idealen Interpreten auch der kleinen romantischen Form werden. Der Deutsche, der in Salzburg auch als Wozzeck reüssierte, der also auch Dramatik kann, ist mit dem behutsam agierenden Starpianisten Leif Ove Andsnes im Kosmos von Robert Schumann denn auch gut aufgehoben (Harmonia Mundi). Goerne scheint die Geschichten zu durchleben und sie mit dem gewissen Etwas seines Timbres zu veredeln. Extrem lyrisch und eindringlich etwa bei Ich wandelte unter den Bäumen aus dem Liederkreis op. 24.

(Ljubisa Tosic, 4.6.2019)