Zumindest die Frage nach der Notwendigkeit einer Gruppentherapie ließ sich nach "Im Zentrum" eindeutig beantworten.

Screenshot: tvthek.orf.at

Im Grunde hätte Im Zentrum nach zehn Minuten aus sein können. Misstrauen, Rache und Intrigen – wie heftig wird der Wahlkampf? lautete der Titel der Sonntagabend-Talksendung des ORF fast schon suggestiv. "Heftig", das konnte man eben schon nach zehn Minuten beantworten, alle hätten nach Hause gehen und einen Lindenblütentee zur Beruhigung trinken können.

Aber nichts da: Eine knappe Stunde lang unternahm Claudia Reiterer den leider großteils vergeblichen Versuch, psychotherapeutisch tätig zu sein. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker warf seinem ÖVP-Pendant Karl Nehammer vor, nach dem Ibiza-Video unfair gespielt zu haben (Stichwort Herbert Kickl). Nehammer konterte damit, eine "Verliererkoalition" aus SPÖ und FPÖ habe Sebastian Kurz aus dem Bundeskanzleramt gemobbt. Und überhaupt: Es gebe eine "Fixierung auf ‚Kurz muss weg‘", klagte Nehammer. Die Kurz-Fixierung konnte man übrigens auch an ihm selbst feststellen.

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SPÖ-Mandatarin Sonja Hammerschmid versuchte vergebens, darauf zu drängen, dass Abgeordnete doch per Handschlag etwas ausmachen sollen können – zum Beispiel den künftigen Umgang mit Parteispenden. Neos-Vize Sepp Schellhorn war mit praktischem Unternehmerverstand auf verlorenem Posten. Eine Konstante in der Therapiesitzung mit irrlichternden Gefühlsausbrüchen war wenigstens Liste-Jetzt-Mitbegründer Alfred Noll. Er unterbrach laufend, hatte aber eingangs die richtige Frage gestellt: "Braucht ihr eine Gruppentherapie?" Die Antwort: Ja. Und zwar alle. (Petra Stuiber, 3.6.2019)