Wenn die Ministerin oder der Minister den Schreibtisch räumen muss, heißt das für die politischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch oft, den Job zu verlieren.

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Die neue Bundeskanzlerin betonte es extra: Die von ihr geführte Übergangsregierung werde mit "schlanken Ministerkabinetten" auskommen, sagte Brigitte Bierlein bei ihrer Antrittsrede nach der Angelobung am Montag.

Schlank waren die türkis-blauen Ministerbüros nicht wirklich. Im Gegenteil: Die Zahl der Kabinettsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter ist zwischen 2017 und 2018 von 163 auf 273 gestiegen, zeigten parlamentarische Anfragen von SPÖ und Neos.

Was passiert nun mit ihnen, die sie sicher nicht mit so einem plötzlichen Ende ihrer Jobs in den politischen Büros gerechnet haben? Das war am Montag, dem hektisch-betriebsamen "Übergabetag" an die "Neuen", noch nicht ganz klar. Zwar waren die Homepages der Ministerien mit den neuen Chefinnen und Chefs schnell auf den aktuellen Stand gebracht. Ihre künftigen Teams brauchen aber noch etwas Zeit. Beim Kabinett der Sozialministerin etwa stand: "Aktualisierung erfolgt in Kürze."

Regierungssprecher bleibt

Eine verlässliche Anlaufstelle für Medienanfragen bleibt jedenfalls bis auf weiteres der amtierende Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal.

Keine Sorgen machen müssen sich die, die rechtzeitig vorgesorgt haben und schon in der ÖVP-FPÖ-Regierungszeit mit einem Fuß in einem Kabinett oder Generalsekretariat und mit dem anderen durch einen Job im Ministerium abgesichert waren – oder als Ministeriumsmitarbeiter für die politischen Büros angeheuert wurden. Für sie gilt: Doppelt hält besser.

STANDARD-Recherchen in den öffentlich einsehbaren Geschäftseinteilungen und Nachfragen in Ministerbüros in der türkis-blauen Schlussphase ergaben folgendes Bild über Querverbinder zwischen Kabinett und Verwaltung: Der Generalsekretär im Bundeskanzleramt unter Sebastian Kurz wurde von Bierlein-Kürzestvorgänger Hartwig Löger provisorisch weiterbeauftragt. Er firmierte am Montag noch in dieser Funktion, so wie auch noch als provisorischer Leiter der Präsidialsektion. Sein Büroleiter war bis vor kurzem noch provisorisch sein Sektionsstellvertreter, jetzt ist er es laut Homepage fix, und zudem leitet er die Gruppe Management und Service. Eine Generalsekretariatsmitarbeiterin war im Kanzleramt als Vizeabteilungschefin für Personalmanagement verankert, ist also abgesichert, ein Mitarbeiter ist seit kurzem provisorischer Chef der Abteilung Beschaffung.

Viele Doppelverwendungen

Im Vizekanzleramt, wo Heinz-Christian Strache (FPÖ) auch Minister für öffentlichen Dienst und Sport war, leitete der Vizekabinettschef auch die Sportsektion. Der Generalsekretär war auch Präsidialsektionschef. Eine Referentin aus Straches Büro leitete noch die Dienstrechtsgruppe, ein Referent aus dem Generalsekretariat provisorisch eine Abteilung.

Der Kabinettschef im Kulturministerium (ÖVP) war auch Leiter der Gruppe für Grundsatzfragen.

Im Finanzministerium (ÖVP) war der unlängst neu bestellte Generalsekretär auch Leiter der Gruppe Budgetarbeit. Der Vizegeneralsekretär leitete zusätzlich die Sektion Finanzverwaltung.

Der Generalsekretär im Verkehrsministerium (FPÖ) amtierte auch als Sektionschef für Innovation. Im Wirtschaftsministerium (ÖVP) leitete die Vizegeneralsekretärin in der Präsidialsektion auch die Gruppe Personal. Im Justizministerium (ÖVP) leitete der Generalsekretär auch die Strafrechtssektion. Und im Frauenministerium (ÖVP) war die Chefin des Kabinetts auch Chefin der Familien- und Jugendsektion.

Last-Minute-Verschubpläne

Für ein paar andere sind Last-Minute-Verschubpläne im Laufen, wie der STANDARD berichtete. Die Leitung der Gruppe Allgemeinbildung im Bildungsministerium – derzeit interimistisch vom bisherigen Kabinettschef wahrgenommen – wurde nur fünf Tage nach der Aufkündigung der Koalition durch Kurz recht punktgenau für ihn ausgeschrieben. Der Vizekabinettschef und eine Kabinettsreferentin waren bereits vorher Gruppenleiter. Der gewesene Generalsekretär leitet ab jetzt interimistisch die Präsidialsektion, was davor die neue Minsterin getan hat.

Die Generalsekretärin im FPÖ-geführten Sozialministerium wiederum erhielt beim Abgang der Ressortchefin eine Beamtenstelle in der Präsidialsektion des Hauses. (Lisa Nimmervoll, 4.6.2019)