Wer glaubt, dass die Agrarmilliarden der EU nur in bäuerliche Betriebe wie diesen fließen, liegt falsch. Die Milliarden landen auch anderswo.

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Es geht um viel Geld. 365 Milliarden Euro, um genau zu sein. Das ist jener Teil des EU-Budgets, der – nach aktuellem Stand – zwischen 2021 und 2027 in Europas Landwirtschaft fließen soll. Mit einem Anteil von knapp 30 Prozent ist das Budget für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) eines der Schwergewichte im mehrjährigen Finanzrahmen der EU. Deshalb dürfte das Thema wohl auch zu den ersten gehören, das in der anstehenden Legislaturperiode im frischgewählten EU-Parlament diskutiert wird. Immerhin stehen im Agrarbudget Kürzungen an, die vor allem den konservativen Parteien und deren Stammklientel nicht schmecken. Zudem soll es zu einer Deckelung bei Direktzahlungen kommen.

Die Pläne aus Brüssel sorgen auch in Österreich für Unmut. Ex-Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖPV) befand den Einschnitt für "nicht akzeptabel". Die von der EU-Kommission geplanten GAP-Kürzungen würden Direktzahlungen an Österreich um rund vier Prozent – das entspricht 28 Millionen Euro pro Jahr – schmälern, heißt es beim Bauernbund. Die Zahlungen für ländliche Entwicklung würden um 15 Prozent bzw. 82 Millionen pro Jahr schrumpfen.

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Foto: Agraratlas/Heinrich Böll Stiftung/ Global 2000

Wie viel erhielten Österreichs Landwirte zuletzt? Auch hierbei ist zwischen der sogenannten ersten GAP-Säule, den Direktzahlungen, und der zweiten Säule, der Entwicklung des ländlichen Raums, zu unterscheiden. In der Budgetperiode zwischen 2014 und 2020 erhielten Österreichs Landwirte 4,8 Milliarden Euro in der Form von Direktzahlungen seitens der EU. In die Maßnahmen für ländliche Entwicklung flossen im gleichen Zeitraum insgesamt 7,7 Milliarden Euro, wobei knapp die Hälfte davon von Bund und Ländern kofinanziert wurde (siehe Grafik). Dieser Bereich geht über die Landwirtschaft hinaus. Förderungen gibt es beispielsweise auch für Leistungen im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes, für die Sicherung von Arbeitsplätzen oder die Steigerung der Wertschöpfung in der Region.

Neue Daten in der Transparenzdatenbank

Wohin das Geld aus der EU, aus Bund und Ländern genau fließt, ist in der Transparenzdatenbank ersichtlich, die jährlich aktualisiert wird. Seit vergangener Woche sind nun auch die Daten aus dem Vorjahr öffentlich zugänglich. Insgesamt hat die Zahl der Förderempfänger in Österreich leicht abgenommen: von 116.755 auf 115.993 Empfänger.

Nach wie vor mit Abstand auf Platz eins liegt die Agrarmarkt Austria (AMA), die in der Periode 32,47 Millionen Euro für technische Hilfe bei der Verwaltung der EU-Fonds erhalten hat. Laut Transparenzdatenbank, die auch von der AMA selbst koordiniert wird, fließt das Geld in die Umsetzung des Programms für ländliche Entwicklung. Weitere 2,36 Millionen Euro flossen außerdem an den Tochterbetrieb, die AMA Marketing.

Millionen für Schnittkäse

Auf Platz zwei landete 2018 ein Tiroler Betrieb, der sich laut Homepage auf das Schneiden und Verpacken von Käse spezialisiert hat. Er erhielt eine Investitionsförderung für "materielle Vermögenswerte" in der Höhe von insgesamt drei Millionen Euro. Zu den Eigentümern zählen mehrere Sennereien und Käsereien. Wofür das Geld genau eingesetzt wurde, wollte die Förderabwicklungsstelle Austria Wirtschaftsservice (AWS) dem STANDARD aufgrund der Verschwiegenheitspflicht nicht beantworten. Der Geschäftsführer selbst meldete sich bis Redaktionsschluss nicht zurück.

Kaum für Überraschungen sorgten ehemalige Adelsnamen, die Jahr für Jahr unter den Topempfängern zu finden sind. Die Zweigniederlassung der Stiftung Fürst Liechtenstein in Wilfersdorf erhielt im Vorjahr 575.000 Euro an flächengekoppelten Prämien. Weitere 260.000 Euro bekam sie für klima- und umweltfreundliche Bewirtschaftungsmethoden. Auch weitere Zweigstellen wurden gefördert. Hohe Zuschüsse gingen auch an die landwirtschaftlichen Betriebe Hardegg und Königsegg-Aulendorf.

"Materielle Vermögenswerte"

Manche Förderempfänger sorgen hingegen für Überraschungen und zeigen, dass das Gros des Geldes nicht unbedingt an bäuerliche Familienbetriebe fließt. So etwa die Pinzgau Milch Produktions GmbH. Sie erhielt insgesamt rund zwei Millionen Euro, 1,9 Millionen davon flossen in "Investitionen in materielle Vermögenswerte". Ein Blick ins Firmenbuch zeigt, dass hinter dem Unternehmen keine Kleinbauern stehen: Demnach ist eine Holding, die dem Porsche-Miteigentümer Hans Michel Piëch gehört, 40-prozentige Eigentümerin des Unternehmens. Weitere 40 Prozent gehören einer Privatstiftung, die laut Firmenbuch im Treuhand- und Finanzbereich angesiedelt ist.

Haflinger und Asylheime

Und auch weitere Einträge zeigen, dass nicht immer Bauern die Profiteure sind: Über eine Investitionsspritze im hohen sechsstelligen Bereich konnte sich beispielsweise eine Pferdezucht für Haflinger freuen. Knapp 1,3 Mio. Euro flossen laut AMA aus Mitteln für die Dorferneuerung im ländlichen Raum in die Errichtung eines Flüchtlingsheims. Auffallend ist auch die im Vergleich zu 2017 gestiegene Zahl der Förderempfänger und Fördersummen, die unter den Stichwörtern (Bio-)Energie und -wärme gelistet werden.

Und auch nach Wien fließt viel Geld. Hier tauchen 550 Förderempfänger auf. Davon ist jedoch nur ein Bruchteil in den Randbezirken mit landwirtschaftlichen Flächen zu finden. Allein im ersten Wiener Gemeindebezirk sind mehr als 40 Empfänger gelistet – darunter auch das Ministerium. (Nora Laufer, 4.6.2019)