Die HTL Ottakring war im Mai durch turbulente Szenen in einem Klassenzimmer tagelang in den Schlagzeilen. Nun wurden die Konsequenzen präsentiert: Vier Schüler werden der Schule verwiesen, der betroffene Lehrer kehrt nicht zurück. Der Direktion könne man keine Vorwürfe machen.

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Wien – Seit Freitag liegt der Bericht jener Kommission vor, die die Umstände des handgreiflichen Konflikts zwischen einem Schüler und einem Lehrer an einer HTL in Wien-Ottakring untersuchen sollte. Die Wiener Bildungsdirektion entschied nun auf Basis des Berichts über die Konsequenzen für alle Beteiligten.

Vier Schüler ausgeschlossen

Sechs Schüler habe man in den Videos als mögliche "Täter" identifizieren können, berichtete Bildungsdirektor Heinrich Himmer (SPÖ) am Dienstag. Diese wurden von der Schule genannt. Bei vier der der sechs habe man "ausreichend Gründe für einen Schulausschluss" gefunden. Von jenen Schülern, denen die Meldung des Schulausschlusses bereits übermittelt wurde, sei "Gewalt ausgegangen", erklärte Himmer die Entscheidung. Die anderen beiden hätten sich zwar "danebenbenommen, aber keine Gewalt ausgeübt".

Mit dem Schulverweis ist es aber nicht getan. So wolle sich die Bildungsdirektion bemühen, gemeinsam mit den vier Schülern eine passende Ausbildung zu finden. Sie einfach vor die Türe zu setzen und das Problem von sich zu schieben sei keine Lösung. "So geht man nicht mit Menschen um", betonte Himmer.

Lehrer kehrt nicht zurück

Auch der betroffene Lehrer wird nicht an die Schule zurückkehren. Der bis Ende des Schuljahrs befristete Dienstvertrag wird nicht verlängert, erklärte Himmer. Die "pädagogische Eignung" reiche nicht aus, um vor der Klasse zu stehen.

Der Lehrer befindet sich weiterhin im Krankenstand, weshalb die Kommission mit ihm nicht direkt über die Vorfälle sprechen konnte. Allerdings habe man dem Quereinsteiger Fragen per E-Mail zukommen lassen. Diese wurden von dessen Anwalt beantwortet.

Die unter anderem mit Juristen, Schüler-, Lehrer- und Ministeriumsvertretern besetzte Kommission sollte umfassend prüfen, wie sich die Auseinandersetzung in der HTL-Klasse genau abgespielt hatte, wieso die Situation derart eskalieren konnte und ob auch der Schulleitung Vorwürfe zu machen sind.

Keine Konsequenzen für Direktion

Keine Konsequenzen wird es für die Schulleitung der HTL Ottakring geben. Es habe eine lückenlose Dokumentation des Direktors über alle Gespräche mit dem Lehrer gegeben. "Der Schulleitung selbst ist kein Vorwurf zu machen", fasste Himmer die Erkenntnisse der Kommission zusammen.

Im Gegenteil: Die Schule habe der Bildungsdirektion bereits im vergangenen Oktober Probleme mit dem Lehrer gemeldet, sagte Himmer. Diese habe eine Schulqualitätsmanagerin in die HTL geschickt und Vorschläge gemacht. Später, im November, habe es gar ein Treffen in der Bildungsdirektion gegeben. Allerdings habe man nicht mehr geprüft, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt worden seien – und keine weiteren Schritte gesetzt.

Was kommt: Lehrer auf Probe

Aus den Vorfällen will Himmer nun lernen und Ableitungen ziehen. So will die Bildungsdirektion künftig auch in befristeten Verträgen eine Probezeit von drei Monaten für alle Lehrer verankern. Gibt es in dieser Zeit Probleme mit einem Lehrer oder stellt die Schule fest, dass dieser nicht geeignet ist, soll das Dienstverhältnis ohne Angabe von Gründen beendet werden können – noch bevor etwas passiert. "Das hätte dazu führen können, dass es diese Eskalation nicht gegeben hätte", sagte Himmer.

Auch in der Zeit danach soll die Kündigung von Lehrern mit befristeten Verträgen einfacher werden. Das sei zwar jetzt schon möglich, aber "keine gelebte Praxis" und "sehr schwer". Allerdings habe man an dem Vorfall gesehen, dass es zu lange sei, ein ganzes Schuljahr zu warten, bis ein Dienstverhältnis beendet wird. Himmer kann sich eine Umsetzung bereits ab dem kommenden Schuljahr vorstellen.

Lehrer, deren Dienstverhältnis frühzeitig beendet wird, sollen aber "kein Berufsverbot" erhalten. Wenn sie die nötigen Eignungen oder Fortbildungen zu einem späteren Zeitpunkt nachweisen können, sollen sie auch wieder in den Beruf einsteigen können. Allerdings sollen sie stärker begleitet werden, etwa durch Teamteaching zusammen mit erfahrenen Lehrern.

Landesweite Debatte über Gewalt an Schulen

Auslöser der Untersuchung waren im Internet kursierende Videos. Diese zeigen, wie ein Schüler den Lehrer offenbar provoziert und von diesem dann offenbar bespuckt wird. Der Jugendliche revanchiert sich, indem er den Lehrer gegen die Tafel stößt, bevor andere Schüler einschreiten.

Weitere Videos halten offenbar andere Vorfälle fest, in denen der Lehrer bereits vor diesem Vorfall von Schülern schikaniert wurde. In der Folge wurde in ganz Österreich über Gewalt und Mobbing an Schulen diskutiert, der damalige Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) präsentierte als Reaktion darauf das Modell der Time-out-Klassen als Deeskalationsmaßnahme.

Wenn "der Schulalltag nicht mehr bewältigbar" sei, so Faßmann damals, solle es die Möglichkeit geben, störende Schüler in solche Time-out-Gruppen zu geben – allerdings erst nach einer "erheblichen Verhaltensauffälligkeit". Dort sollten sie für einen "begrenzten Zeitraum" – Faßmann sprach von einer Woche oder einem Monat – bleiben, bis sie wieder in den Regelunterricht zurückkehren.

Neos erfreut

Erfreut reagierten die Neos auf Himmers Ankündigungen. Die dreimonatige Probezeit für neue Lehrerinnen und Lehrer sei "längst überfällig", sagte Bildungssprecher Douglas Hoyos. Es sei im Interesse aller, dass "frühestmöglich erkannt und entsprechend rasch gehandelt wird", wenn jemand "einfach nicht für den Lehrerberuf geeignet ist". (Oona Kroisleitner, 4.6.2019)