Potsdam – Der Plan für den deutschen Kohleausstieg bis 2038 bietet laut einer Analyse keine Sicherheit, dass der Ausstoß des Treibhausgases CO2 unterm Strich wirklich sinkt. Ein Team von Wissenschaftern des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung warnte am Dienstag, dass der Ausstieg durch die komplizierten Mechanismen im europäischen Emissionshandel den Gesamtausstoß sogar noch steigen lassen könnten.

Zwei Effekte haben die Forscher in ihren Wirkungen analysiert. Erstens: Wenn Kohlekraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden, sinkt das Angebot von Strom im Markt, und entsprechend steigt der Strompreis. Dadurch aber können die immer noch im Markt verbleibenden Kohlekraftwerke häufiger kostendeckend produzieren – sie erhöhen ihre Produktion, und damit steigt ihr Ausstoß an CO2.

Günstigere Zertifikate

Zweitens: Durch den deutschen Kohleausstieg sinkt die Nachfrage nach Emissionsberechtigungszertifikaten im europäischen Emissionshandel und damit auch deren Preis. Stromproduzenten im Ausland kaufen mehr der dann billigeren Emissions-Berechtigungen, und steigern ihren CO2-Ausstoß.

Helfen kann den Forschern zufolge ein Preis für CO2. Würde er in Deutschland eingeführt, je nach Szenario mit 30 bis 60 Euro pro Tonne im Jahr 2030, so würden die nationalen Klimaziele im Stromsektor erreicht. Um eine bloße Verlagerung der Kohle-Verstromung und damit des CO2-Ausstoßes im europäischen Emissionshandel von Deutschland zu seinen Nachbarn zu verhindern, könnten Emissionszertifikate gelöscht werden, schlagen die Studienautoren vor.

Einführung eines Mindestpreises

Dies würde Deutschland allerdings bis zum Jahr 2050 möglicherweise grob 19 Milliarden Euro kosten. Durch die Einführung eines Mindestpreises für CO2-Zertifikate im gesamten europäischen Emissionshandel könnte das verhindert werden. Das Prinzip: Liegt der Marktpreis unter dem Mindestpreis der Zertifikate, werden automatisch Zertifikate zurückgehalten und können gelöscht werden. (APA, 4.6.2019)