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Inwieweit ein guter Start ins Leben vom Alter der Mutter abhängt, haben Forscherinnen der FH Gesundheitsberufe anhand von rund 700.000 Geburten analysiert. Die Ergebnisse sind beunruhigend.

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Vor 35 Jahren bekam die durchschnittliche Österreicherin ihr erstes Kind mit nicht ganz 24 Jahren. 2017 lag das Durchschnittsalter von Erstgebärenden schon bei 30,7 Jahren, wobei in den letzten drei Jahrzehnten auch der Anteil der über 35-Jährigen stark angestiegen ist. Die Ursachen dafür liegen neben den verbesserten Möglichkeiten von Empfängnisregelung und Reproduktionsmedizin, höheren Scheidungsraten und späterer Heirat vor allem in der besseren Bildung und den wachsenden Karrierechancen von Frauen.

Dieser Trend zur späten Mutterschaft hat allerdings einen Preis: Mit dem Alter der Mütter steigt nämlich auch die Zahl chromosomal bedingter Fehlbildungen bei Kindern. So liegt für 25-Jährige das Risiko, ein Kind mit Trisomie zur Welt zu bringen, bei 1:1250, für 35-Jährige bei 1:340, für 40-Jährige bei 1:100 und für 45-Jährige bei 1:25.

Auch die Gefahr einer Frühgeburt ist bei Frauen über 40 – ebenso wie bei Müttern im Teenageralter – signifikant erhöht. Die International Federation of Gynecology and Obstetrics (Figo) zählt Schwangere ab 35 deshalb zur Gruppe der "Risikogebärenden".

Erhöhte Kaiserschnittrate

Forscherinnen der FH Gesundheitsberufe OÖ wollten es genauer wissen und haben in Kooperation mit dem Institut für klinische Epidemiologie der Tirol-Kliniken den Einfluss des erhöhten mütterlichen Alters auf ausgewählte geburtshilfliche Parameter wie Schwangerschaftsdauer, Geburtsmodus und geburtshilfliche Interventionen untersucht.

Dabei wurde auch berücksichtigt, wie sich die Zahl der bisherigen Geburten einer Frau auf diese Parameter auswirkt. Die Datenbasis dafür lieferte das österreichische Geburtenregister von 2008 bis 2016 mit 696.000 in diesem Zeitraum verzeichneten Geburten.

Was die Expertinnen in ihrer Studie herausfanden, ist nicht wirklich beruhigend. So zeigte sich in Hinblick auf den Entbindungsmodus, dass bei Erstgebärenden mit zunehmendem Alter die Zahl der spontanen Entbindungen sinkt. Während im Schnitt fast 60 Prozent der Babys so auf die Welt kommen, sind es bei über 45-jährigen Müttern nur noch rund 19 Prozent.

Dagegen steigt in dieser Altersgruppe die Zahl der geplanten (primären) Kaiserschnitte bei Erstgebärenden auf fast 50 Prozent an, die Rate der sekundären Kaiserschnitte (aufgrund einer Notfallsituation) beträgt 25 Prozent.

Individuelle Risikofaktoren

Dieser Anstieg ist zwar bei Erstgebärenden am stärksten, aber auch bei Zweit- und Drittgebärenden steigt mit dem Alter der Mutter die Zahl der Kaiserschnitte. Auch vaginal-operative Geburtsbeendigungen mithilfe von Vakuumextraktion sowie Frühgeburten kommen bei älteren Müttern deutlich öfter vor.

Trotz dieser eindeutigen Datenlage ist Barbara Schildberger, eine der Studienautorinnen und Leiterin des Studiengangs "Hebamme" an der FH Gesundheitsberufe OÖ, mit der Figo-Klassifizierung älterer Mütter als "Risikogebärende" unzufrieden. "Diese Einschätzung stammt aus dem Jahr 1958, als die medizinische Versorgung und der Lebensstil der Menschen noch ganz anders waren als heute", kritisiert die ehemalige Hebamme.

"Zudem können weder unsere noch andere bisherige Untersuchungen stichhaltig belegen, dass das Alter der Mutter einen unabhängigen Risikofaktor für Komplikationen darstellt."

Da mit dem Alter chronische Erkrankungen häufiger werden und diese wiederum den Verlauf von Schwangerschaft und Geburt beeinflussen, sollten neben dem Alter der Mutter verstärkt auch individuelle Risikofaktoren in die Beurteilung einbezogen werden.

"Um hier zuverlässigere Daten zu bekommen, sollte man auch Einflussgrößen wie Lebensstil, Gesundheitsverhalten oder Bildungsniveau der Mutter berücksichtigen", betont Schildberger. "Wir planen deshalb eine Folgestudie, in der diese Merkmale ermittelt und zu geburtshilflich relevanten Aspekten in Relation gesetzt werden."

Maßgeschneiderte Betreuung

Wie aber soll man mit den bisher bekannten Fakten umgehen? Muss man die Frauen besser informieren? "Gerade ältere Schwangere wissen über die möglichen Gefahren später Mutterschaft sehr gut Bescheid", so Schildberger. Warnungen oder Appelle zum früheren Kinderkriegen hält sie für wenig hilfreich bis schädlich. "Damit würde man die Frauen noch weiter verunsichern, die ohnehin unter großem sozialen Druck stehen."

Während ihrer langjährigen Hebammentätigkeit habe sie auch die Vorteile später Mutterschaft erlebt. "Ältere Frauen sind emotional reifer, gehen sehr bewusst in den Prozess der Schwangerschaft und sind generell eher bereit, ihren Lebensstil entsprechend umzustellen."

Auch wenn mit dem Alter das Risiko für Komplikationen steige, könne man mit einem durchdachten Betreuungsplan die Sicherheit für Mutter und Kind auf ein gutes Niveau anheben. "Die effektivste Maßnahme ist eine maßgeschneiderte Betreuung, also personalisierte Medizin während der gesamten Schwangerschaft." (Doris Griesser, 5.6.2019)