In schwach salzhaltigen Oberflächengewässern in Niederösterreich und dem Burgenland sowie im Neusiedler See kommen die nicht Cholera auslösenden Bakterien der Gattung Vibrio cholerae vor.

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Krems – Vibrio cholerae ist der Auslöser der gefürchteten Infektionskrankheit Cholera. Diese Bakterienart ist ein natürlicher Wasserbewohner und wird anhand ihrer Oberflächenstruktur in verschiedene Serogruppen unterteilt. Die beiden Gruppen, die für die eigentliche Cholera verantwortlich sind, kommen in Österreich nicht vor.

Sehr wohl findet man jedoch nichttoxigene Vibrio cholerae (NTVC), also Bakterienstämme, die keine Cholera auslösen, in schwach salzhaltigen Oberflächengewässern in Niederösterreich und dem Burgenland sowie im Neusiedler See. Infektionen damit können bei alten, kranken oder immungeschwächten Personen zu Durchfallerkrankungen oder Wundentzündungen führen, in Österreich kam es dabei im Jahr 2015 sogar zu einem Todesfall.

Die genauen Lebensbedingungen für diese Bakterien sind aber nicht ganz geklärt. Zwar scheinen sie Salzwasser zu bevorzugen, doch wurden sie in Süßwasser ebenfalls gefunden. Ein im Rahmen der jährlichen Life Science Calls vom Land Niederösterreich gefördertes Projekt geht seit Februar dieses Jahres der Frage nach, warum das so ist.

"Wir untersuchen Gewässer verschiedenster ökologischer Typen, von gar nicht salzig bis sehr salzig, von niedrigem pH-Wert bis zu hohem pH-Wert, von vielen Algen bis zu wenig Algen, damit wir die entwickelten Modelle möglichst universell anwenden können", sagt der wissenschaftliche Leiter Alexander Kirschner von der Karl-Landsteiner-Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften in Krems und der Medizinischen Universität Wien.

Schwierige Unterscheidung

Mit diesen Modellen soll die Häufigkeit von Nicht-Cholera-Vibrionen anhand der Gewässerbedingungen auch örtlich und zeitlich eingeordnet werden und so ein Frühwarnsystem zur Risikobewertung von Badegewässern ermöglicht werden. Für ein solches Kontrollsystem werden verlässliche Nachweisverfahren für NTVC benötigt.

Die bisher besten Kombinationen von molekular- und zellbiologischen Methoden können jedoch Vibrio cholerae und nahe verwandte Arten nur schwer unterscheiden und sind in der Durchführung aufwendig. Klassischerweise müssen gefundene Bakterienproben auf passenden Nährmedien wachsen, damit sie detektiert und Tests durchgeführt werden können.

Das zweite Projektziel ist daher die Entwicklung einer kultivierungsunabhängigen Nachweismethode für spezielle Erkennungsmoleküle, die sogenannten Aptamere. Das sind kurze Molekülstränge, die meist aus den gleichen Bausteinen wie DNA bestehen und an die Oberflächenstruktur der Bakterienzellen binden. Im dreijährigen Projekt wollen die Wissenschafter gemeinsam mit Kollegen von der kanadischen Carleton University passende Aptamere für Vibrio cholerae entwickeln.

Kein Grund zur Sorge für Gesunde

Mit diesen Aptameren soll ein neues Bestimmungsverfahren etabliert werden, das nicht nur die Häufigkeit von Nicht-Cholera-Vibrionen in repräsentativen Badegewässern misst, sondern darauf basierend eine allgemeine Risikoabschätzung für die Verbreitung ermöglicht.

"Das Projekt ist dann erfolgreich, wenn wir dieses neue Aptamer-Verfahren entwickeln können und anhand unserer Daten ein gutes Vorhersagemodell für die Verbreitung der Bakterien in den verschiedensten Gewässern erreichen", sagt Kirschner. Am Projekt beteiligt sind auch die Technische und Medizinische Universität Wien und das IFA Tulln.

Kirschner verweist auf die offizielle Internetseite des Landes Niederösterreich, auf der interessierte oder hinsichtlich der anstehenden Badesaison besorgte Schwimmfreunde Tipps zu Vibrionen finden können. Grundsätzlich besteht aber für gesunde Menschen kein Grund zur Sorge, und auch das Verschlucken von Wasser mit Nicht-Cholera-Vibrionen ist als Infektionsquelle vernachlässigbar.

Die seltene, aber hauptsächliche Gefahr geht von Wundinfektionen der verletzten Haut aus. Neben Menschen mit offenen Wunden wird Personen mit einem krankheitsbedingt oder medikamentös geschwächten Immunsystem zur Vorsicht geraten. (pkm, 6.6.2019)