Erstmals im Großen Ministerratssaal, im Hintergrund der junge Kaiser Franz Joseph I.: Vizekanzler Clemens Jabloner, Kanzlerin Brigitte Bierlein, Innenminister Wolfgang Peschorn und Nachhaltigkeitsministerin Maria Patek (v. li.).

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Manfred Matzka war bis 2015 Leiter der Präsidialsektion im Bundeskanzleramt. Jetzt holt ihn die neue Kanzlerin als persönlichen Berater zurück.

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Wien – Er kennt das Haus am Ballhausplatz in- und auswendig. Anders als Brigitte Bierlein, die doch überraschend vom Verfassungsgerichtshof ins Bundeskanzleramt geholt wurde, hat der Verfassungsjurist Manfred Matzka rund ein Vierteljahrhundert lang im Zentrum der österreichischen Innenpolitik – egal wer jeweils am Ruder war – gearbeitet. Davon für vier Kanzler (drei SPÖler, einen ÖVPler) als Präsidialchef.

Am frühen Mittwochmorgen ging der seit 2015 pensionierte Spitzenbeamte Matzka wieder einmal ins Bundeskanzleramt. Er hatte einen Termin mit der neuen Kanzlerin und kam als ihr persönlicher Berater wieder heraus. Er soll Bierlein "im Bereich Organisation, Koordinierung, Stabsstellen und Personal operativ unterstützen", teilte sie mit. Dienstantritt: kommende Woche.

Matzka sei eine Persönlichkeit, "die das Bundeskanzleramt, dessen Arbeit und die Verwaltung kennt wie kaum ein anderer", und jemand, der als "Verfassungsjurist, Organisations- und Dienstrechtsexperte hervorragend ausgewiesen ist". Zudem führte Bierlein exemplarisch an, dass Matzka "als oberster Beamter und Präsidialchef sowohl Bundeskanzler Schüssel als auch Bundeskanzler Faymann viele Jahre loyal gedient hat".

Für sechs Bundeskanzler gearbeitet

Damit hat sie nur die Hälfte der Kanzler aufgeführt, für die Matzka als Leiter der Präsidialsektion tätig war: Denn auf seiner Chefliste stehen auch noch Viktor Klima und Alfred Gusenbauer. Und: Begonnen hat der gebürtige Niederösterreicher 1980 im Verfassungsdienst unter Bruno Kreisky, dem dann Alfred Sinowatz (alle SPÖ) folgte. So kam Manfred Matzka auf insgesamt sechs Kanzler.

Ein Jahrzehnt seiner Berufsjahre verbrachte Matzka zwischen 1989 und 1999 im Innenministerium zunächst als Kabinettschef des damaligen Ministers Franz Löschnak (SPÖ) und danach als Sektionschef für das Fremden- und Asylwesen. In dieser Zeit machte er sich durch diverse Verschärfungen im Fremdenrecht nicht nur Freunde, schon gar nicht in seiner eigenen Partei. Denn: Matzka ist SPÖ-Mitglied.

Als Roter unter Schwarzen im Kanzleramt

Darum war das Jahr 2000 insofern eine Zäsur, als mit der schwarz-blauen Wende im Kanzleramt mit Wolfgang Schüssel ein ÖVP-Chef einzog, nachdem dort die SPÖ 30 Jahre lang den Hausherrn gestellt hatte. Die "Sektion I: Präsidium" leitete mit Matzka damals also ein Beamter mit SPÖ-Parteibuch. Und Schüssel? Ließ den Roten auf seinem Posten – im Zentrum der ÖVP-FPÖ-Regierungsmaschinerie. "Schüssel hatte keine große Freude mit mir, aber er wusste, dass ich meinen Job ordentlich mache", erzählt Matzka im STANDARD-Gespräch. Der neue Kanzler hätte damals den pragmatisierten Beamten natürlich loswerden können. Tat er aber nicht. Man vertraute einander. "Es war geschäftsmäßig."

Die Regeln waren beiden klar, die Rollen auch. "Machen Sie's." Und der Spitzenbeamte machte das, was er davor und danach mit Parteigenossen als Regierungschefs auch machte: Er hielt das Kanzleramt am Laufen. Oder, wie Matzka Selbstverständnis und Habitus des Berufsbeamten klassischer Prägung beschreibt: "Verschwiegen, neutral und loyal zum Staat und Recht, unabhängig von Person und Parteizugehörigkeit."

Jetzt ist der Spitzenbeamte also persönlicher Berater der ersten Bundeskanzlerin der Republik, die das erste Beamtenkabinett in der Zweiten Republik anführt. Matzka selbst sagte am Mittwoch zum STANDARD: "Für mich ist es keine Rückkehr – ich bin kein Teil des Apparats –, sondern eine sehr konkrete und persönlich an die Kanzlerin gebundene Geschichte, die ich gern machen werde."

Schweigsam nach dem ersten Ministerrat

Das Kabinett Bierlein bestritt am Mittwoch übrigens den ersten Ministerrat. Allzu direkte Medienkontakte werden noch von den meisten gemieden. Im Ministerratssaal war nur ein Foto der neuen Sitzordnung mit den neuen Gesichtern erlaubt. An die Öffentlichkeit wenden will sich das neue Regierungsteam erst nächste Woche nach der offiziellen Vorstellung im Parlament.

Die erste Unterredung im Ministerrat war dann nach nicht einmal einer Stunde vorbei, unter anderem wurde ein Arbeitsmarktbericht vorgelegt. "Die Stimmung war ausgezeichnet", ließ die Kanzlerin danach wissen: "Wir haben bereits sehr viel auf den Weg gebracht." Bildungsministerin Iris Rauskala entschied sich auch gegen absolute Wortlosigkeit und berichtete am Weg in ihr Büro von sehr guter Stimmung in der Regierungssitzung. Die Innenminister Wolfgang Peschorn resümierte: "Ein ganz normaler Ministerrat." (Lisa Nimmervoll, 5.6.2016)