Wie so viele Tiefseefische bietet auch Aristostomias scintillans einen eher ungemütlichen Anblick – hier allerdings einen erbarmungswürdigen.
Foto: Audrey Velasco

500 Meter unter der Meeresoberfläche ist es tiefdunkel, aber nicht komplett lichtlos. Und der Barten-Drachenfisch Aristostomias scintillans versteht es, mit dem Licht zu spielen – das hat ihn trotz seiner bescheidenen Größe von 15 Zentimetern Länge zum Spitzenprädator seines Lebensraums gemacht.

Viele Barten-Drachenfische können durch Leuchtorgane Licht erzeugen, um Beute anzulocken – praktischerweise geschieht das teilweise direkt im Maul. Dort sitzt aber auch etwas, dessen Anblick potenzielle Opfer im entscheidenden Moment noch abschrecken könnte: Reihen von langen, dolchartig gekrümmten Fangzähnen.

Für viele Fische ist dies der letzte Anblick ihres Lebens.
Foto: Velasco-Hogan et al./Matter

Damit Beutetiere eben nicht abgeschreckt werden, haben die räuberischen Fische eine Besonderheit entwickelt: Diese Zähne sind durchsichtig. Aristostomias scintillans ist damit gleichsam der umgekehrte Fall zur Grinsekatze aus Lewis Carrolls "Alice im Wunderland": Während sich diese unsichtbar machen kann, bis nur noch die grinsende Zahnreihe zu sehen ist, bleibt vom gefährlichen Maul des Tiefseefischs nur eine weite Öffnung übrig, an der keine bedrohlichen Zähne zu sitzen scheinen.

Möglich ist dies dem Fisch, da in seinen Zahnschmelz Kristalle von etwa 20 Nanometer Größe eingebettet sind, berichten nun Forscher um Marc Meyers von der University of California im Fachmagazin "Matter". Da die Zähne des Drachenfischs nicht wie die unseren Dentinkanälchen enthalten, die Drucksignale oder Schmerzempfindung übertragen, kann diese Nanostruktur ungestört ihren Zweck erfüllen: nämlich zu verhindern, dass Licht von der Zahnoberfläche reflektiert oder gestreut wird. Die Zähne sind damit unsichtbar, bis sie zupacken.

Eine gewisse Ähnlichkeit zu "Alien" ist dem Tier nicht abzusprechen.
Foto: David Baillot/UC San Diego Jacobs School of Engineering

Aristostomias scintillans ist ganz auf diese Art von Beutefang zugeschnitten: Sein Kopf ist überproportional groß im Verhältnis zum aalähnlich langgestreckten Körper – und die Zähne sind ihrerseits überproportional im Verhältnis zum Kopf. Da Barten-Drachenfische ihr Maul auch extrem weit – bis zu 120 Grad – aufreißen können, sind sie dazu in der Lage, Beute zu reißen, die nicht viel kleiner ist als sie selbst. Nicht selten sind das auch Artgenossen, der Drachenfisch neigt zum Kannibalismus.

Meyers vergleicht den Fisch mit dem Monster aus der Filmreihe "Alien". Und so wie dieses Monster Begehrlichkeiten geweckt hat, seinen einzigartigen Körperbau in (Waffen-)Technologie umzumünzen, ist auch der Drachenfisch für die Bionik interessant – in diesem Fall aber unter friedlichem Vorzeichen. Die Forscher hoffen, nach dem Vorbild von Aristostomias scintillans hochfeste transparente Materialien aus einer Kombination von Nanokristallen und Keramik entwickeln zu können. (jdo, 10. 6. 2019)