Das Kunsthistorische Museum in Wien mit einer Wasserwerbung: Kulturbetriebe kommen auch hierzulande, trotz Subventionen, ohne Sponsorgelder nicht über die Runden.

Foto: Corn Heribert

Am Ende ging sogar das riesige Metropolitan Museum in New York vor den Protestierenden in die Knie. Monatelang appellierte die Künstlerin Nan Goldin an Museen, zum Sponsoringgeld der mit schnell abhängig machenden Schmerzmitteln reich gewordenen Mäzenatenfamilie Sackler künftig "Nein, danke" zu sagen. Viel länger als andere Kulturinstitutionen sträubte sich das "Met" dagegen.

Beim britischen Turner-Preis zeitigte der Protest dagegen schneller Wirkung. Im Mai musste eine Firma nur einen Tag nach der Vorstellung als Sponsor von den Organisatoren wieder zurückgewiesen werden. Ihr Chef hatte vor einigen Jahren eine Kampagne gegen Homosexuellenrechte finanziert. Künstler protestierten.

Auch der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock bekam zuletzt Ärger. Künstler baten das Museum of Modern Art in New York in einem Brief, aus einem Rentenfonds Blackrocks auszusteigen, der Anteile an einer Gefängnisfirma hält, deren Zustände oft als unmenschlich beschrieben werden. Und im Whitney-Museum ebenfalls in New York protestierten Menschen gegen ein Vorstandsmitglied, dessen Firma Tränengas herstellt, das an der mexikanischen Grenze gegen illegale Migranten eingesetzt wird. Das Whitney sei zuallererst ein Museum, das die Übel einer ungerechten Welt nicht bereinigen könne, winkte dessen Direktor ab.

Die Kulturwelt in Großbritannien und den USA steht also vor einer Herausforderung. Traditionell lebt sie von privatem Sponsoring statt wie hierzulande von öffentlichen Subventionen. Woher das nötige Geld kam, das in die schönen und notorisch klammen Künste floss, kümmerte lange niemanden so richtig. Das ändert sich nun.

Thema trifft ins Herz

Wie aber sieht es in der heimischen Museumsszene mit den dringend benötigten Drittmitteln aus? Welche Kriterien legen Institutionen Kooperationen und Sponsoringverträgen mit Firmen zugrunde? Wir haben uns umgehört.

Die Antworten fallen freundlich, aber mitunter schmallippig aus. Das Thema berührt die Herzen der Kulturbetriebe. Alle Häuser beteuern die Wichtigkeit von Sponsoren und die Umsicht, mit der sie gewählt werden.

Image und Tätigkeitsfeld des Sponsors werden geprüft, soweit die Informationen eben öffentlich zugänglich sind, heißt es ausführlicher aus dem Wiener Mumok. "Firmen, die sich in ethisch fragwürdigen Bereichen bewegen, werden nicht in Erwägung gezogen." Einzelne Sponsorwillige wurden demgemäß bereits abgelehnt, Namen werden aber nicht genannt.

Schlange stehen spendenfreudige Unternehmen allerdings nicht. "Mit 1938 ist die Kultur des Mäzenatentums durch die Vertreibung der jüdischen Mäzene in Österreich verlorengegangen. Daher ist auch das Bewusstsein, Institutionen zu unterstützen, nicht mehr in diesem Ausmaß vorhanden", sagt Danielle Spera vom Jüdischen Museum. Ihr Haus tritt genauso wie die Nationalbibliothek und die meisten Museen gezielt mit Kooperationsangeboten an Firmen heran. Oft nur für ein bestimmtes Projekt, das zu deren Branche und Profil passt.

"Negativer Imagetransfer"

Gegenleistungen für Gelder sind vertraglich stets geregelt und reichen vom Abdruck des Logos bis zu Spezialführungen für die Firmen. "Kultur ist österreichische DNA, und wir nutzen diese, um international die Markenbekanntheit zu steigern und Werte zu vermitteln", erklärt die OMV.

"Complianceregeln machen Sponsoring in letzter Zeit aber nicht einfacher", klagt Wolfgang Bergmann, kaufmännischer Direktor des Belvedere. Sponsoring trägt dort weniger als fünf Prozent zum Budget bei. Ein "negativer Imagetransfer" sei bei manchen Industriezweigen leicht abzusehen. Eine "schwarze Liste" inakzeptabler Unternehmen führt das Museum aber nicht, über Sponsoren wird fallweise entschieden.

Für Proteste gegen Sponsoren muss man in Österreich einige Jahre zurückgehen. 2015 regte sich Widerstand gegen den Waffenhersteller Glock, als er den Österreichischen Musiktheaterpreis sponserte. Seither ist es ruhig. Das mag am selbstauferlegten und eingehaltenen Moralkodex liegen.

Kritische Masse

"Was aber, wenn Sponsoren, die am Anfang einwandfrei scheinen, später in Misskredit geraten?", weist Bergmann auf verborgene Schwierigkeiten hin. "Auch bei gut beleumundeten Unternehmen können später Umwelt- oder Finanzskandale bekannt werden." In den sozialen Netzwerken formiert sich jedenfalls zunehmend eine kritische Masse, und Künstler selbst entdecken ihren Hang zum Aktivismus.

Kritik gibt es öfters an Novomatic. Sponsoringbeträge nennt der Glücksspielkonzern auf Anfrage nicht, die Liste seiner Begünstigten glänzt etwa mit Staatsoper und Weltmuseum. Es wolle damit seiner "gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden", so das Unternehmen. Etwa zehn Sponsoringanfragen erhalte man jede Woche.

Der Internationale Museumsrat (ICOM) legt fest, dass Sponsoring nicht dem Interesse der Allgemeinheit zuwiderlaufen darf und nicht das Haus und sein Publikum kompromittieren soll. Die meisten heimischen Museen berufen sich darauf.

Eigenes Ermessen

Wie aber lässt sich dieses "Interesse" definieren? Das Kunsthistorische Museum kontaktiert etwa keine Waffenfirmen oder Unternehmen, die wegen Kinderarbeit in Verruf stehen. Für die Albertina sind die Tabakindustrie und die Wettbranche tabu. Doch die Abgrenzung ist schwierig, wie der Fall Novomatic zeigt, das laut Gerichtsurteilen auch mit Spielsüchtigen Geld verdient. Werden als Nächstes gar Mineralölkonzerne boykottiert? Immerhin befinden wir uns in der Klimakrise.

Fazit: Kunstsponsoring wird auch hierzulande immer wichtiger. Die Entscheidung, mit wem Häuser kooperieren, liegt auch im Fall der Bundesmuseen im eigenen Ermessen. Vorgaben aus dem Ministerium gibt es nicht. (Michael Wurmitzer, 6.6.2019)