Eine These: Pamela Rendi-Wagner sei einfach zu gut für die SPÖ, da gebe es für viele ein Identifikationsproblem.

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Von den reingelegten blauen Ibiza-Touristen Strache und Gudenus einmal abgesehen: Kaum ein Politiker, kaum eine Politikerin kommt in Österreich momentan schlechter weg als die SPÖ-Vorsitzende Rendi-Wagner. Sie ist in Teilen ihrer eigenen Partei umstritten, in den Social-Media-Foren und von Politikberatern wird sie als "verunsichert, ungeschickt, unsympathisch, nicht charismatisch, nicht sattelfest" heruntergemacht.

Hauptproblem: "Frau sein"

"Ihr Hauptproblem ist", sagt die Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle, "dass sie eine Frau ist. Sie ist sehr kontrolliert und versucht, perfekt zu sein. Bei Sebastian Kurz funktioniert das kontrollierte Auftreten, bei ihr als Frau wird das negativ kommentiert. Rendi-Wagner sieht gut aus, ist intelligent und schlank, da gibt's für viele wahrscheinlich auch ein Identifikationsproblem."

Bernhard Heinzlmaier, Soziologe, Jugendkulturforscher und als ehemaliger VSStÖ-Vorsitzender streitbarer und umstrittener SPÖ-Intimus, sieht Rendi-Wagners Problem vor allem in ihren eigenen Reihen. "Das hängt damit zusammen, dass innerhalb der SPÖ eine traditionelle Funktionäre-Kultur herrscht. In dieser geht es nicht um Leistung, sondern um Erfolg. Der Wettbewerb um hochdotierte Positionen wird mit Intrigen und mit Taktiken und Strategien der "performativen Ökonomie" geführt. "Performative Ökonomie" bedeutet "Selbstdarstellungsökonomie": "Es gewinnt der, der sich am besten inszeniert", sagt Heinzlmaier. Viele in der SPÖ, die nicht durch eigene Leistung hochgekommen sind, "fühlen sich Pamela Rendi-Wagner nicht gewachsen". Was Gefühle der Minderwertigkeit hervorrufe und auch Neid und Hass auslöse. Heinzlmaier glaubt, dass die Funktionäre "nicht ruhen werden, ehe sie zu Fall gebracht wird".

Die Renaissance der Kerle

Der in Klagenfurt lebende und lehrende Psychoanalytiker und Soziologe Klaus Ottomeyer sieht die Ursache des "Rendi-Wagner-Bashings" vielmehr darin, "dass die Burschen, die Kerle wieder das Kommando übernommen haben".

"Die Anforderungen an einen Politiker sind heute, dass er vor der Kamera total souverän agiert. Wie Kurz. Inhalte sind nicht mehr wichtig. Es herrscht die Meinung vor, dass wir in einer gefährlichen Welt leben, und da braucht es starke Kerle, männliche Grobheit ist gefragt."

Diese Renaissance der Kerle gehe einher mit einer neuen Frauenfeindlichkeit. "Mächtige Frauen machen Angst", sagt Ottomeyer. Nachdenkliche, abwägende Politiker würden als "zu anstrengend" empfunden. "Rendi-Wagner wirkt integer, intelligent und dadurch für viele eben anstrengend." Momentan sieht Ottomeyer wenig Licht für Rendi-Wagner. Sie werde "großes Durchhaltevermögen" benötigen.

Zeiler dementiert Gespräche

Am Mittwoch ließ der Medienmanager Gerhard Zeiler dementieren, dass er Gespräche über den Vorsitz der SPÖ führe. Und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda ärgert sich über die Intrigen in der Partei, sowohl Franz Vranitzky als auch Michael Häupl hätten ihm versichert, nicht an der Ablöse Rendi-Wagners zu arbeiten.

Intern wird der ehemalige, von Rendi-Wagner geschasste Parteigeschäftsführer Max Lercher nach wie vor als Wahlkampfmanager lanciert. Dieser will sich zur laufenden Diskussion um seine Person nicht äußern. Seine steirischen Genossen gehen aber davon aus, dass die Brücke zwischen Parteichefin Rendi-Wagner und Lercher nachhaltig zerstört sei. "Da gibt's kein Vertrauen mehr." Im Gespräch ist auch der Gewerkschafter Willi Merny.

Für Diskussionen sorgte zuletzt auch das Honorar für Nedeljko Bilalic, ehemals Pressesprecher von Kanzler Werner Faymann und Minister Josef Ostermayer, in der Höhe von 20.000 Euro monatlich für die Beratung von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner. Thomas Drozda, Bundesgeschäftsführer der SPÖ, verteidigt diesen Betrag – das sei durchaus marktüblich, Bilalic müsse auch noch Umsatzsteuer abführen und die Sozialversicherung selbst zahlen. Auch innerhalb der SPÖ gibt es aber Stimmen, die das Honorar für zu hoch halten. Polemischer Nachsatz: vor allem für diese Leistung. Ihre Medienauftritte seien jedenfalls kein Aushängeschild für erfolgreiches Coaching.

Zuletzt ist die Frage aufgetaucht, wer den Vertrag mit Bilalic abgeschlossen hat. Auf neuerliche Nachfrage des Standard wurde in der Parteizentrale in der Löwelstraße klargestellt, dass der Vertrag mit Bilalic unter der neuen Führung, also unter Rendi-Wagner und Bundesgeschäftsführer Drozda, abgeschlossen wurde. (Walter Müller, Michael Völker, 6.6.2019)