Aufnahmen der beiden 31.000 Jahre alten Milchzähne.

Foto: Russian Academy of Sciences

Entdeckt wurden sie bei Ausgrabungen in der Nähe des Jana-Flusses im Nordosten Russlands.

Foto: Elena Pavlova

Ein internationales Forscherteam hat anhand von zwei uralten Milchzähnen im Nordosten Sibiriens eine bisher unbekannte Bevölkerungsgruppe entdeckt: Die Alt-Nordsibirer besiedelten das Gebiet während der letzten Eiszeit.

Die Wissenschafter stießen in einer archäologischen Ausgrabungsstätte am russischen Fluss Jana auf zwei 31.000 Jahre alte Milchzähne. Die untersuchte DNA zeigte, dass die Zähne zu Individuen einer bisher unbekannten Bevölkerungsgruppe gehörten, wie die Wissenschafter in "Nature" berichten.

Komplexe Populationsdynamik

Die Resultate der Studie belegen, dass die Alt-Nordsibirer während der letzten Eiszeit im Nordosten Sibiriens unter extremen Bedingungen gelebt haben. Die Alt-Nordsibirier passten sich offenbar schnell an extreme Umgebungen an und waren sehr mobil, sagte Studienleiter Eske Willerslev von der Universität Kopenhagen und der Universität Cambridge: "Diese Menschen waren ein bedeutender Teil der Menschheitsgeschichte. Sie diversifizierten fast zur gleichen Zeit wie die Vorfahren der heutigen Asiaten und Europäer, und es ist wahrscheinlich, dass sie irgendwann große Teile der nördlichen Hemisphäre bevölkerten."

Im Rahmen der groß angelegten Studie analysierte das Team insgesamt 34 Proben, die in archäologischen Stätten in Nordsibirien und Zentralrussland gefunden worden waren. So konnten die komplexe Populationsdynamik während der letzten Eiszeit und genetische Vergleiche mit anderen Bevölkerungsgruppen dokumentiert werden.

Westeurasische Migranten?

"Bemerkenswert ist, dass das alt-nordsibirische Volk enger mit den Europäern als mit den Asiaten verwandt ist", sagte Koautor Laurent Excoffier von der Universität Bern. "Sie sind wohl aus Westeurasien eingewandert, kurz nachdem sich die europäischen und asiatischen Bevölkerungsgruppen voneinander getrennt haben."

Die Studie förderte auch noch weitere bemerkenswerte Erkenntnisse zutage: 10.000 Jahre alte menschliche Überreste an einer anderen Fundstelle in Sibirien ergaben eine genetische Verwandtschaft mit den indigenen Völkern Amerikas. Zum ersten Mal sei eine solche genetische Verbindung außerhalb der USA entdeckt worden, schreiben die Forscher.

Dies sei das fehlende Glied in der Kette, um die genetische Abstammung der indigenen Völker Amerikas zu verstehen, sagte Willerslev. In der Forschung gilt als generell akzeptiert, dass der Mensch erstmals nach Amerika kam, indem er von Sibirien aus die Beringstraße nach Alaska überquerte. Vor dem Ende der letzten Eiszeit bestand dort eine Landbrücke. (red, APA, 10.6.2019)