Rund 1600 Menschen kamen zur Jobbörse in Wien. Etwa 1000 führten auf AMS-Vermittlung ein Bewerbungsgespräch. 244 haben einen Job.

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Selbst in der Blütezeit der türkis-blauen Koalition gab es Reizthemen, mit denen sich die zur Schau gestellte Harmonie der Koalition durcheinanderbringen ließ. Dazu gehörte der Umgang mit Asylberechtigten. Im Jänner fand auf Drängen des türkisen Kanzleramts eine Jobbörse für anerkannte Flüchtlinge in Wien statt. Es war nicht die erste Börse dieser Art, aber die erste mit Unterstützung der Regierung.

Mit dabei war neben Asylberechtigten und dutzenden Unternehmen auch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Die Freiheitlichen waren nie glücklich mit der Veranstaltung: erstens, weil der Kanzler mit seinem Auftritt der eigentlich zuständigen Sozial- und Arbeitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) die Show stahl, zweitens hatte die FPÖ wenig Interesse daran, die Jobvermittlung von Flüchtlingen zu fördern. Skurrile Folge dieser Konstellation: Das Sozialministerium ließ aus Berichten des AMS Wien über die Bilanz der Jobbörse zunächst Beispiele für die erfolgreiche Vermittlung von Asylberechtigten herausstreichen – erst dann wurden die Reports an das ÖVP-geführte Wirtschaftsministerium geleitet.

Erste valide Bilanz

Rund fünf Monate später ist Türkis-Blau Geschichte, und es liegt eine erste valide Bilanz über die Jobbörse vor. Das AMS Wien hat die Zahlen zu rund 1000 Asylberechtigten ausgewertet, die im Zuge der Messe ein Bewerbungsgespräch mit einem Unternehmen geführt haben. Ergebnis: Laut neuesten verfügbaren Zahlen, die den Stand Ende April abbilden, hatten 244 Menschen ein aufrechtes Dienstverhältnis, was 23 Prozent der Bewerber entspricht.

In der schwierigen Gruppe der Geflüchteten jeden Vierten zu vermitteln sei ein großer Erfolg "und eigentlich ein Grund zum Jubeln", sagt der Chef des AMS, Johannes Kopf. Viele der Teilnehmer an der Jobbörse stammten aus Syrien und dem Irak. Selbst wenn jemand in seinem Heimatland eine Ausbildung abgeschlossen hat, sind diese mit den österreichischen Abschlüssen kaum vergleichbar. Hinzu kommt, dass viele der Geflüchteten aus Afghanistan kamen, einem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land, in dem nach wie vor viele Analphabeten leben.

Jobzusagen nach der Börse gab es von der Bäckerei Ströck, von Ankerbrot und Felber. Rewe hat fünf Personen aufgenommen. Auch der Gebäudereiniger Reiwag und Hofer fanden Mitarbeiter. Zu den Zahlen des AMS gibt es eine Ergänzung. Bei der Jobbörse waren 1600 Menschen. Nicht alle hatten Bewerbungsgespräche, bei nicht allen wurden von den Firmen nach den Gesprächen Sozialversicherungsnummern registriert. Man ziehe als Vergleichszahl die Gruppe der 1000 Fälle heran, weil nur diese für das AMS gut dokumentierbar sind, heißt es beim Arbeitsmarktservice Wien.

Onlineportale als Hindernis

Zu den Erfahrungen aus der Jobbörse gehört, dass offenbar die Online-Bewerbungsportale vieler Unternehmer ein Hindernis sind. Viele Personalvertreter haben Gespräche vor Ort geführt und dann Asylberechtigten ersucht, sich online für eine Stelle anzumelden, damit der Aufnahmeprozess starten kann. Die ÖBB hat mit 131 Interessierten ein Gespräch. Kein Einziger bewarb sich online. Andere Unternehmen berichteten von ähnlichen Erfahrungen. Laut AMS hat der Verweis der Unternehmen auf Onlineportale viele Bewerber entmutigt, die fälschlicherweise dachten, bei der Börse Arbeit zu finden. Das AMS will daher künftig besser informieren.

Nicht mit der Suche geklappt hat es für den Direktor des Gaspingerhofs, eines Hotels im Tiroler Gerlos. Der STANDARD traf den Direktor bei der Jobbörse. Das Hotel hat zwischen Winter- und Sommersaison mehrere Wochen geschlossen. In dieser Zeit bietet man Angestellten kein Quartier. Das hat Interessierte abgeschreckt, heißt es heute. Behelfen wird man sich nun mit in Spanien angeworbenen Lehrlingen.

Für die ÖVP war die Jobbörse auch eine Gelegenheit, politisch zu punkten: In der Volkspartei wurde debattiert, dass die Regierung sich gegen ein Bleiberecht für Asylberechtigte ausgesprochen hatte, die in Österreich eine Lehre machen. Viele ÖVP-nahe Unternehmen halten das für einen Fehler. Mit der Aktion wollte man demonstrieren, dass sich auch abseits des Themas Asylwerber-Lehrlinge etwas tun lässt. (szi, 7.6.2019)