Blick in den Sitzungssaal des ORF-Stiftungsrats am Küniglberg.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Die letzte Sitzung des ORF-Stiftungsrates vor der Sommerpause fand am Donnerstag ohne Stiftungsratsvorsitzenden Norbert Steger (FPÖ) statt. Er nimmt sich wie berichtet aus gesundheitlichen Gründen eine Auszeit. Das Treffen des obersten ORF-Gremiums leitete sein Vize Franz Medwenitsch (ÖVP).

(Ent-)Politisierung

"Der ORF-Stiftungrat ist keine Wahlkampfarena", sagt Thomas Zach, Chef des ÖVP-"Freundeskreises" im Stiftungsrat. Er will bei der Tagesordnung bleiben und die wichtigen Themen wie die Digitalisierung behandelt wissen. Auch wenn ein neues ORF-Gesetz wegen der Folgen des Ibiza-Videos und Neuwahlen im September später kommt als geplant.

Neben dem ORF-Programm sei die Digitalisierung das zentrale Zukunftsthema, Stichwort ORF-Player. Der ORF müsse jedenfalls jetzt die Vorarbeiten leisten. ORF-Chef Alexander Wrabetz erinnert hier an den Stufenplan, jene Teile, die nur nach Änderungen des Gesetzes realisierbar wären, bereite man schon jetzt bestmöglich vor. Sehr wohl über Politik im Stiftungsrat wollte Stiftungsrat Hans-Peter Haselsteiner (Neos) reden. Er brachte die Neos-Vorschläge aufs Tapet, den ORF ähnlich einer Aktiengesellschaft aufzustellen, die Hauptversammlung soll sich aus per Los ermittelten Bürgern zusammensetzen. "Mit einer solchen Gremienreform wäre ein großer Schritt in Richtung Entpolitisierung gemacht", reagiert Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger prompt in einer Aussendung.

"Müssen uns klar positionieren"

Im Vorfeld der Sitzung signalisierte schon der rote Stiftungsrat Heinz Lederer, dass er nach Ibiza nicht zur Tagesordnung über gehen will. "Wir sollten über den blauen Übernahmeplänen für die Krone nicht vergessen, dass Heinz-Christian Strache auch ORF-Sender privatisieren wollte, sagte er dem STANDARD. Und erinnerte am Donnerstag einmal mehr an den "Druck der Bundesregierung auf den ORF", an Heinz-Christian Straches Lügenvorwürfe gegen ORF-Anchor Armin Wolf etwa oder an Kündigungsdrohungen gegen Korrespondenten. "Wir als Stiftungsrat müssen uns hier klar positionieren."

ORF-Redakteure forderten wie berichtet in einer Resolution die Auflösung der parteipolitischen "Freundeskreise" im Stiftungsrat, sie wollen einen "Stiftungsrat, der das Unternehmen im Sinne des Publikums kontrollier, und nicht die Interessen der politischen Parteien vertritt". Stattdessen soll sich der Stiftungsrat vor allem aus Medien- und Wirtschaftsexperten zusammensetzen.

Auch die Initiative "Wir für den ORF" – eine Plattform von Vertretern aus Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und der Zivilgesellschaft – macht sich für die Entpolitisierung des Stiftungsrats stark. Die Plattform will die Unabhängigkeit des ORF zum Thema im Wahlkampf machen.

Ein Punkt auf der Tagesordnung war der Jahresabschluss 2018. Der ORF hat 2018 mit einem Ergebnis vor Steuern (EBT) von 2,9 Millionen Euro schwarze Zahlen geschrieben, der Jahresabschluss wurde am Donnerstag vom Stiftungsrat genehmigt. (ae, 6.6.2019)