Die große Koalition in Deutschland verspricht sich vom sogenannten "Geordnete-Rückkehr-Gesetz" mehr Abschiebungen von Flüchtlingen, die Deutschland verlassen müssen.

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Deutschlands Innenminister sieht eine "Zäsur".

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Horst Seehofer (CSU) ist einer, der gerne große Worte gebraucht. Doch als der deutsche Innenminister am Freitag im Bundestag sein Gesetzespaket als "Zäsur in unserer Migrationspolitik" bezeichnete, da stimmten viele Abgeordnete zu. Ein großer Teil allerdings empfindet die Neuerungen als tiefen, negativen Einschnitt in der deutschen Asylpolitik.

Gleich acht Gesetze zum Thema "Migration und Asyl" hatte der Bundestag vor den Pfingstferien auf der Tagesordnung, sie alle bilden das große "Migrationspaket", über das Union und SPD monatelang verhandelt haben. Auf einen kurzen Nenner gebracht, lautet der Tenor künftig für Ausländer: schneller rein nach Deutschland, aber auch schneller wieder raus.

Nicht mehr nur Akademiker

Ein zentrales Vorhaben ist das "Fachkräfte-Einwanderungsgesetz". Mit diesem wird erstmals die Einwanderung nach Deutschland für Fachkräfte mit Berufsausbildung aus Drittstaaten ermöglicht. Bisher hat Deutschland nur Regelungen getroffen, um Akademiker aus Drittstaaten zu holen. Jetzt können auch Pflegekräfte, Installateure oder Programmierer kommen, in diesem Bereich sind sehr viele Stellen offen.

Um den Zuzug zu erleichtern, dürfen Fachkräfte künftig für sechs Monate nach Deutschland einreisen, um sich einen Job zu suchen. Der Arbeitgeber muss nicht mehr nachweisen, dass er für eine bestimmte Stelle keinen Deutschen oder einen Arbeitnehmer aus den EU-Staaten gefunden hat.

Auf Wunsch der Union wird im Gesetz stehen, dass Zuwanderer ab 45 Jahren ein Mindestgehalt von 3.700 Euro monatlich nachweisen müssen, damit sie im Alter nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.

Drei Jahre Berufserfahrung

Da IT-Spezialisten besonders gefragt sind, dürfen diese auch ohne formalen Abschluss nach Deutschland kommen, sie müssen allerdings drei Jahre Berufserfahrung vorweisen. Außerdem bekommen "Geduldete", die nach dem 1. August 2018 ins Land kamen, das Recht zu bleiben, wenn sie selbst für sich sorgen können.

Das zweite große Vorhaben in diesem Paket ist das sogenannte "Geordnete-Rückkehr-Gesetz", das härtere Maßnahmen bei Abschiebungen vorsieht. Betroffene können leichter in Haft genommen werden und auch – räumlich getrennt von den übrigen Insassen – in Strafgefängnissen untergebracht werden. Die Polizei wird die Möglichkeit erhalten, die Wohnungen von Menschen zu betreten und zu durchsuchen, die abgeschoben werden sollen. Es drohen denjenigen Sanktionen, die nicht zur Klärung der eigenen Identität beitragen. Sie bekommen Wohnsitzauflagen, dürfen nicht arbeiten und können leichter ihr Bleiberecht verwirken.

Personen, die bereits in einem anderen Land Schutzstatus haben, sollen in Deutschland nach zwei Wochen keine finanzielle Unterstützung erhalten, auch dann nicht, wenn ihr Fall noch gerichtlich geklärt wird.

SPD hat Bauchweh

"Nicht jedes der acht Vorhaben und nicht jede einzelne Neuregelung entsprechen 1:1 unseren Vorstellungen, insbesondere nicht das 'Geordnete-Rückkehr-Gesetz'", räumt die Vizechefin der SPD-Faktion, Eva Högl, ein.

Vor allem gegen dieses Gesetz gibt es lauten Protest. 22 Organisationen, darunter Diakonie, Arbeiterwohlfahrt, Deutsches Kinderhilfswerk, Amnesty und Pro Asyl haben die Abgeordneten aufgefordert, im Bundestag nicht für die neuen Maßnahmen zu stimmen.

Für Empörung sorgt Innenminister Horst Seehofer noch mit einer Aussage zu seinen Sicherheitsgesetzen. Bei einem Kongress in Berlin erklärte er, er habe das Datenaustauschgesetz "ganz stillschweigend eingebracht" und ergänzte: "Wahrscheinlich deshalb stillschweigend, weil es kompliziert ist, das erregt nicht so." Auf die Kritik hin meinte er, das sei ja nur "ironisch" gemeint gewesen. (Birgit Baumann aus Berlin, 7.6.2019)