Drei Wochen seitdem letzten Auftritt. Drei Wochen seitdem Elias in den Flieger gestiegen und zurück nach Wien ist. In dieser Zeit: Nachberichte tipseln, die Fördergelder rechtfertigen, in Retroperspektive anschaulich machen, was auf unserer Reise relevant war. Setlisten archivieren, damit die AKM für uns Tantiemen einsammeln geht, Besucherzahlen rekonstruieren, damit Erfolge und Misserfolge messbar werden. Interviews kommen online, zuerst will man sich selbst nicht mehr hören, dann hat man ein schlechtes Gewissen, dass man sie auf sozialen Plattformen teilt, ohne sich selbst vergewissert zu haben, dass sie des Teilens wert sind.

Das Fass ist voll

Die Moderatorin von Radio Taiwan International hat uns gefragt, ob wir schon die nächste Tour planen. Die Wahrheit ist, daran wird momentan nicht gedacht. Jetzt ist gerade Erholungsphase und Zeit, um sich anderen Projekten zu widmen. Jetzt ist das Fass gerade unfassbar voll, die Reiselust gesättigt, die Sehnsucht nach Bühnen gestillt, jeder muss mal wieder für sich sein und man genießt es, für mehrere Nächte hintereinander im selben Bett schlafen zu gehen und im selben Bett wieder aufzuwachen.

Diese Karte erreichte den STANDARD.
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Ich bekomme E-Mails von STANDARD-Lesern, die sich freuen, dass sie Postkarten bekommen haben. Ich bekomme Nachrichten von Elias, der mir schreibt, dass er in Wien gut angekommen ist und er nun wieder an seinem nächsten Roman schreibt. Okay. Beim Schneiden unseres Tourvideos fällt mir auf, dass ich in einem Vorstellungsvideo, dass wir vor knapp einem Monat in Taichung gedreht haben, zu Elias sage: "Gut, wir machen das jetzt zack zack". Ich find's irgendwie lustig und ich würde diesen Ausschnitt ja gerne hier teilen, aber das letzte Mal, als ich jemanden Zackzacks hab aneinanderreihen hören, hat das einer brustgeschwellten Regierung Kopf und Kragen gekostet, und nach Palina Rojinski weiß man ja nie, was dahinterstecken könnte, also halte ich mich lieber bedeckt.

Beim weiteren Sichten stolpere ich über eine Sequenz, in welcher uns ein Radiomoderator in China als "Botschafter der deutschen Sprache" bezeichnet. Klingt ziemlich hochtrabend. Was ihn da wohl geritten hat, frage ich mich, muss man uns da wirklich auf so ein hohes Ross setzen? Aber gut, sowas muss man wohl mit sattelfester Dankbarkeit nehmen, sagt ja nicht jeder etwas Nettes über einen. Vielleicht wollte er uns ja nur motivieren, uns quasi die Sporen geben, damit's mit dem Schimmel weitergeht, auf dem wir nun seinetwegen sitzen.

Die Relativierung danach

Ich merke, ich werde es ein wenig müde über unsere Tour zu schreiben. So toll man das eigene Projekt findet, man will auch wieder Abstand dazu gewinnen. Will sich auch wieder etwas anderem widmen. Warum man trotzdem darüber schreibt? Auch das gehört dazu. Nämlich die Relativierung danach, das langsame Loslassen und das aus dem Rampenlicht treten und zu einem Schluss kommen. Es kommt einem im Nachhinein falsch vor, nur über das Lustige und Aufsehenerregende geschrieben zu haben (hat man eh nicht!) –die bockige Phase danach auszusparen, scheint mir noch unangenehmer zu sein. Es ist doch nichts, was man verstecken muss.

Mit einer unabwendbaren Trägheit ist das Tourvideo fertig geschnitten, ich kann es mir zwar gerade nicht mehr anschauen, aber ich weiß, in ein paar Monaten werde ich mich freuen, diese Erinnerung damals noch zu Ende gebracht zu haben. Und diese wollen wir tatsächlich noch mit euch teilen. Mit einem gewissen Stolz sogar. Elias und ich bedanken uns herzlichst, dass unser Blog so zahlreich verfolgt wurde. Wir fühlen uns geehrt, dass diese Tour so viele UnterstützerInnen gefunden hat und wir wünschen nur das Beste. Dankedankedanke. Viel Vergnügen mit unserem Abschluss und bis zum nächsten Mal! Leftover Artists –over and out.

Jimmy Brainless und Elias Hirschl: Asientour 2019
TheBrainlessCompany

In Taiwan fand das Drachenbootfest statt und das bringt ein seltsames Phänomen mit sich: Rohe Eier sollen aus irgendeinem Grund einfach am Boden stehen können. Man sagt diesem Tag eine besonders starke Schwerkraft nach, wissenschaftlich ist dies aber nicht bewiesen. Und doch bezeugen mir zahlreiche Menschen, dass sie dies schon erlebt haben. Ich habe mir jedenfalls ein Zehnerpack vom Markt besorgt und kann zumindest sagen: Einen Tag zuvor kullerten die Eier noch. (Elias Hirschl, Jimmy Brainless, 11.6.2019)