Wenn Mitglieder der Korruptionsstaatsanwaltschaft den ihr vorgesetzten höchsten Justizfunktionär wegen Amtsmissbrauchs anzeigen; wenn die Anzeige dann von der Linzer Staatsanwaltschaft zurückgelegt wird; und wenn schließlich die Oberstaatsanwaltschaft gegen fünf Staatsanwälte der Korruptionsstaatsanwaltschaft eine "Retouranzeige" wegen "geheimen Tonbandmitschnitts", Verdacht auf Verleumdung und Beweismittelfälschung erstattet; wenn es bei dem Ganzen noch dazu um einen der

gravierendsten (mutmaßlichen) politischen Korruptionsfälle (Eurofighter) geht – dann hat der neue Justizminister Clemens Jabloner sehr viel zu tun. Nämlich das Ansehen der Justiz wieder auf gleich zu bringen, den tödlichen internen Streit zu beenden und vielleicht auch noch eine Chance zu eröffnen, dass aus dem Korruptionsfall Eurofighter nach so vielen Jahren doch etwas herauskommt.

Begonnen hatte es mit einer Dienstbesprechung mit einem guten Dutzend Teilnehmer, wo Christian Pilnacek, damals Generalsekretär, nunmehr Sektionschef im Justizministerium, offenbar Kritik an der Arbeit der Korruptionsstaatsanwaltschaft in der Causa übte: Es gehe zu langsam. Pilnacek machte in der ihm eigenen drastischen Ausdrucksweise den Vorschlag, unwichtige und/oder wenig aussichtsreiche Nebenstränge des Verfahrens einzustellen.

Das wurde jedoch von der Leiterin der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Ilse-Maria Vrabl-Sanda, dahingehend interpretiert, Pilnacek wolle überhaupt das ganze für Schwarz-Blau unangenehme Verfahren abwürgen. In einem "ZiB 2"-Interview, einen Tag bevor Pilnacek vor dem U-Ausschuss aussagen musste, bekräftigte sie diesen Vorwurf noch.

Amtsmissbrauch

Es gibt aber auch eine andere Seite der Angelegenheit. Die Dienstbesprechung wurde offenbar geheim aufgenommen (übers Handy). Eine Abschrift, die aber viel kürzer ist als der ganze Mitschnitt (Beweismittelfälschung?), wurde zur Grundlage der Anzeige wegen Amtsmissbrauchs gegen Pilnacek. Zwischen Vrabl-Sanda und Pilnacek herrschen zumindest seit der Zeit starke Spannungen, als Pilnacek die auf schwachen Füßen stehende Anordnung einer Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz (BVT) durch die Korruptionsstaatsanwaltschaft kritisierte. Inzwischen steht fest, dass sich die Korruptionsstaatsanwaltschaft da von Innenminister Kickls Handlangern instrumentalisieren ließ.

Der vorige Justizminister hat einen Mediator für Vrabl-Sanda und Pilnacek bestellt. Angesichts der "Retourkutschen-Anzeige" wohl vorläufig ergebnislos. Die SPÖ und die Liste Jetzt drohen mit einem eigenen U-Ausschuss gegen Pilnacek. Dieser sagte Freitagnachmittag vor dem Eurofighter-Ausschuss aus.

Entweder hat Pilnacek recht und seine Kritik an der Korruptionsstaatsanwaltschaft nur unangemessen geäußert – oder er versteht die Komplexität der Eurofighterermittlungen nicht. Die dritte Möglichkeit, dass er nämlich die Untersuchungen insgesamt politisch abwürgen wollte, halten Kenner der Materie für unwahrscheinlich. In jedem Fall sind das unhaltbare Zustände. (Hans Rauscher, 7.6.2019)