Kassel – Im Fall des getöteten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) hat die Polizei eine Person vorläufig in Gewahrsam genommen. Das teilte ein Sprecher der Sonderkommission am Samstagabend mit. Einzelheiten über die Person wollte er auch aus ermittlungstaktischen Gründen nicht mitteilen. Zuvor hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" ("FAZ") berichtet und von einer Festnahme gesprochen.

Die Polizei habe die Festnahme bestätigt, berichtete der Hessische Rundfunk am Samstag beim Kurzmitteilungsdienst Twitter.

Es handle es sich um einen jüngeren Mann, der in privater Beziehung zu dem 65-jährigen deutschen Politiker gestanden sein solle, berichtete die "FAZ" unter Berufung auf Ermittlerkreise. Dort heiße es, man sei sich sicher, den Täter identifiziert zu haben. Auf die Spur des Mannes sei die Polizei durch die umfangreiche Auswertung privater Daten des Getöteten gekommen. Dazu habe dem Vernehmen nach auch die Auswertung seines Mobiltelefons gehört, schrieb die "FAZ" weiter. Offenbar habe es darüber hinaus weitere Anhaltspunkte gegeben, die zur Festnahme geführt hätten.

Schussverletzung am Kopf

"Wir haben die Person bei uns und wollen Informationen gewinnen", sagte der Sprecher der Polizei der Deutschen Presse-Agentur. Sie könne noch nicht als verdächtigt bezeichnet werden. Sie sei am Samstagnachmittag in Gewahrsam genommen worden. Den Ort wollte der Sprecher nicht nennen. Wann weitere Informationen bekanntgegeben werden, sei noch unklar.

Lübcke war in der Nacht auf Sonntag gegen 0.30 Uhr auf der Terrasse seines Wohnhauses in Wolfhagen-Istha bei Kassel mit einer Schussverletzung am Kopf entdeckt worden. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Der Schuss war den Ermittlungen zufolge aus nächster Nähe mit einer "Kurzwaffe" abgegeben worden. In der Tatnacht hatte nur wenige Meter entfernt vom Haus des CDU-Politikers ein Kirtag stattgefunden.

Zeugenaufruf

Bis Samstagmittag waren 160 Hinweise aus der Bevölkerung zu den möglichen Umständen des Todes von Lübcke eingegangen, wie die Staatsanwaltschaft Kassel und die eingerichtete Sonderkommission der Polizei mitteilten. Bis Donnerstag waren es 80 Hinweise – kurz zuvor hatte das ZDF in "Aktenzeichen XY... ungelöst" einen Zeugenaufruf ausgestrahlt. Staatsanwaltschaft und Polizei hatten die Bevölkerung am Samstag weiter um Mithilfe gebeten.

Die Trauerfeier für den Regierungspräsidenten wird am 13. Juni (16.00 Uhr) in Kassel stattfinden. In der Martinskirche werde es einen Trauergottesdienst mit "protokollarischen Ehrenbekundungen" geben, hatte die stellvertretende Regierungssprecherin in Hessen, Elke Cezanne, gesagt.