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Wer die Stimmen der LGBTI-Community will, muss sie auch repräsentieren.

Foto: REUTERS/Axel Schmidt

50 Prozent Frauenanteil in der Bundesregierung ist Grund zu Freude. Doch auch LGBTI-Personen müssen in der Politik sichtbar sein, fordert Paul Haller, Geschäftsführer der HOSI Salzburg, mit Blick auf die Nationalratswahlen im Herbst im Gastkommentar.

Endlich hat Österreich eine erste Bundeskanzlerin und 50 Prozent Frauen als Regierungsmitglieder! Doch wie steht es um den adäquaten Anteil an queeren Politikerinnen und Politikern? Es braucht eine "Regenbogenquote" im Parlament, um dem Anteil von LGBTI-Personen an der Gesamtbevölkerung ansatzweise gerecht zu werden.

Erst 1999 zog die erste offen lesbische Frau ins Parlament ein. Die Grünen-Politikerin Ulrike Lunacek, spätere Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, sollte zehn Jahre lang die einzige lesbische Abgeordnete im Hohen Haus bleiben. Bis heute ist sie eine wichtige Identifikationsfigur der LGBTI-Bewegung. 2017 wurde Mario Lindner, Gewerkschafter und ehemaliger SPÖ-Bundesratspräsident, als erster offen schwuler Politiker in den Nationalrat gewählt. Heute ist er der einzig offen Schwule im Nationalrat. "Versteckte Schwule" gibt es natürlich noch weitere, so wie in jedem Beruf.

Gerangel um Listenplätze

Mit der Ausrufung von Neuwahlen begann in den Parteien auch das Gerangel um wählbare Listenplätze. Dabei könnten erstmals mehrere LGBTI-Politikerinnen und -Politiker zum Zug kommen. Mit Bundesrätin Ewa Dziedzic hat eine prominente LGBTI- sowie Frauen- und Menschenrechtsaktivistin gute Karten bei den Grünen. Bei der SPÖ gilt der Nationalratsabgeordnete Mario Lindner als Fixstarter. Beide haben große Bekanntheit und Rückhalt in der Community. Gute Chancen werden auch der Tiroler SoHo-Vorsitzenden Theresa Muigg (SPÖ) oder der Grünen-Gemeinderätin Faika El-Nagashi zugerechnet. Bei den Neos bewarb sich zuletzt Isak Schneider auf EU-Ebene für ein Mandat, der damit warb, sich als schwuler Mann für LGBTI-Rechte einzusetzen.

Bei ÖVP und FPÖ sind keine LGBTI-Kandidatinnen und -Kandidaten auf wählbaren Plätzen in Sicht. Das ist nur konsequent. Denn die ÖVP stimmte im Parlament jahrzehntelang gegen die Rechte von LGBTI-Personen, und die FPÖ tritt heute noch regelmäßig offen LGBTI-feindlich auf.

Sichtbare Vorbilder

Am 15. Juni werden hunderttausende Menschen auf die Wiener Ringstraße strömen und an der Europride 2019 teilnehmen, einer Demonstration für die Anliegen von homo- und bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen. Politikerinnen und Politiker werden Regenbogenfahnen schwingen und Reden halten. Eines sollte aber klar sein: Wer die Stimmen der LGBTI-Community will, muss sie auch repräsentieren. Und das geht nur mit LGBTI-Personen auf aussichtsreichen Listenplätzen.

Dabei gilt: So wie Frauen nicht per se feministisch sind, sind lesbische oder schwule Politikerinnen und Politiker nicht per se Kämpferinnen und Kämpfer für LGBTI-Rechte. Trotzdem braucht es sichtbare Vorbilder in der Politik. 20 Jahre nach der ersten lesbischen Nationalratsabgeordneten ist es Zeit für eine Regenbogenquote! (Paul Haller, 11.6.2019)