Friedman, hier rechts im Bild neben Mike Pompeo, lässt möglicherweise in die Zukunft blicken.

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Es geht ums Geld: Wenn die USA in knapp zwei Wochen bei einer Konferenz in Bahrain den ersten Teil ihres Nahost-Friedensplans vorstellen, sollen vor allem wirtschaftliche Hilfen für die Palästinenser besprochen werden, mögliche Gelder aus den Golfstaaten und bessere Lebensbedingungen für die Menschen in den palästinensischen Gebieten. Als nahezu sicher gilt, dass sie keinen eigenen Staat zu erwarten haben: Die Zweistaatenlösung steht längst nicht mehr auf der Nahost-Agenda der USA.

Dass die Palästinenser eventuell sogar noch weitere politische Rückschläge einstecken müssen, deutete nun amerikanische Botschafter in Israel, David Friedman, an: "Unter gewissen Umständen, so glaube ich, hat Israel das Recht, einen Teil vom, wenn auch nicht das ganze Westjordanland zu behalten", sagte er in einem Interview mit der New York Times – und sorgte damit übers Wochenende für heftigen Wirbel. Die Palästinenser sind empört und drohten bereits, Beschwerde gegen Friedman beim Internationalen Strafgerichtshof einzureichen. Die israelische NGO Shalom Achschaw (Frieden jetzt) nannte die Äußerungen "extrem und unverantwortlich" und rief Präsident Trump dazu auf, den Botschafter sofort abzuziehen.

Zweifel an Palästinensern

Aus den USA heißt es unterdessen, dass Israel über keine Annexionspläne mit den USA diskutiere und sich die US-Position bezüglich der Siedlungen nicht geändert habe. Beschwichtigung also – doch von ungefähr kommen die Worte des US-Botschafters nicht. Schon vor einigen Tagen machte Jared Kushner, Trump-Schwiegersohn und Friedensplaner, seine Zweifel daran deutlich, dass sich die Palästinenser selbst regieren können. In einem Interview antwortete er auf die Frage, ob die Palästinenser völlige Freiheit von Israels Regierung und Militär erwarten könnten: "Ich denke, da liegt die Latte hoch."

Und Israels Premier Netanjahu hatte bereits im Wahlkampf vor einigen Monaten angekündigt, mit der Annexion des Westjordanlandes beginnen zu wollen. So stieß Friedemann Aussage denn auch auf Zuspruch in israelischen Regierungskreisen: Gilad Erdan, Minister für Öffentliche Sicherheit, lobte Friedman: "Die Weltsicht der Trump-Administration, die durch Botschafter Friedman geäußert wurde, ist die einzige, die Veränderung bewirken kann."

Trump als fairer Makler?

Sogar in der Opposition, beim Bündnis Blau-Weiß, sieht man die Annexions-Aussage auf Linie mit der eigenen politischen Agenda. So deutet vieles darauf hin, dass Friedmans im New-York-Times-Interview einen ersten Hinweis auf das politische Kapitel des Nahost-Friedensplans gegeben haben könnte. Doch ob der Plan aufgeht, ist fragwürdig: Schließlich haben die Palästinenser der Bahrain-Konferenz längst eine Absage erteilt und die USA als Vermittler im Nahost-Konflikt bereits vor mehr als einem Jahr ausgeschlossen. Damals hatte Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt und deutlich gemacht, dass er auf der Seite der israelischen Regierung steht.

Dabei könnten die Palästinenser wirtschaftliche Unterstützung derzeit gut gebrauchen: Premier Muhammad Shtayyeh warnte bereits vor einer Finanzkrise, welche die palästinensische Autonomiebehörde im Sommer in den Bankrott stürzen könnte. Doch die Palästinenser haben bereits deutlich gemacht, dass sie sich nicht nach der Devise "Geld statt Souveränität" kaufen lassen wollen. Mit oder ohne Deal haben die Palästinenser jedenfalls viel zu verlieren. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 10.6.2019)