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Foto: AP Photo/Ronald Zak

In zehn Tagen kommen auf Brigitte Bierlein und ihre Regierung Entscheidungen zu, die auf Österreichs Stellenwert auf EU-Ebene sehr konkrete Auswirkungen haben – direkt und indirekt. Zunächst muss die Bundeskanzlerin im Kreis der 28 Staats- und Regierungschefs über die Spitzenposten der EU mitentscheiden: in der EU-Kommission, im Europäischem Rat, im EU-Parlament, in der Europäischen Zentralbank und im Amt des EU-Außenbeauftragten.

Daraus leitet sich dann ab, welches Kommissarsamt der neue Kommissionschef Österreich im August anbieten wird. In der Topliga hat Wien – wieder einmal – keine Kandidaten. Auf solche Posten kommen nur bewährte Politiker oder Spitzenbanker, vorzugsweise Ex-Regierungschefs, mindestens Minister, die international "getestet" sind.

Seit dem EU-Beitritt 1995 geht Österreich leer aus, Ex-Politiker werden unschön "verräumt". Es liegt auch daran, dass man im Ringen um die EU-Topjobs tragfähige politische Bündnisse über Parteigrenzen hinweg braucht. Man muss Koalitionen mit anderen (kleinen) Staaten suchen.

Beamter statt (Ex-)Politiker?

Der früheren Höchstrichterin Bierlein fehlen Erfahrung und Partner. Welche Chancen gibt es beim künftigen EU-Kommissar aus Österreich? Wirtschaftskammerchef Harald Mahrer meint, ein starkes Dossier sei wichtiger als die Person. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner forderte, es solle erstmals kein ÖVP-Politiker zum Zug kommen, sondern ein Experte. Die Realität: Die Mitgliedsstaaten kämpfen mit allen Mitteln um die politisch besten Jobs.

Vieles deutet darauf hin, dass die Parteien im Nationalrat sich nicht auf einen (Ex-)Politiker einigen werden. Eine gute Lösung wäre: Bierlein könnte nach Vorbild ihrer Ministerriege auf den höchsten EU-Beamten aus Österreich zugreifen. Das wäre Wolfgang Burtscher, Vizegeneraldirektor für Forschung in der Kommission. Sie kennt ihn gut, denn er saß 2005 kurz mit ihr im Verfassungsgerichtshof. (Thomas Mayer, 10.6.2019)