Auf der A3 bei Düsseldorf blockierten mehrere Sportwagen die Fahrbahn.

Foto: APA/Polizei Düsseldorf

Es war ein Hochzeitsvideo der besonderen Art: Braut und Bräutigam, umringt von Nobelkarossen, dazu ertönten lautstarke Freudenbekundungen der Partygäste. Weniger lustig fanden hingegen Unbeteiligte den Spaß, sie mussten einfach einmal auf der Autobahn ein bisschen warten, da diese ja vom Hochzeitskorso blockiert wurde – so lange, bis die Polizei anrückte, die "Party" auflöste und so manchem Teilnehmer noch gehörig die Laune verdarb.

Derartige Szenen spielten sich in Deutschland in den vergangenen Monaten häufig ab, immer öfter geraten sogenannte Hochzeitskorsos völlig außer Kontrolle. Betroffen ist vor allem das Ruhrgebiet, wo die Polizei in den vergangenen zwei Monaten zu 129 Einsätzen gerufen wurde.

40 Führerscheine beschlagnahmt

Auf der A3 südlich von Frankfurt, wo unlängst eine türkische Hochzeitsgesellschaft gefeiert hatte, sah die Bilanz so aus: 40 Führerscheine wurden beschlagnahmt, es wird nun gegen 40 Personen wegen schweren Landfriedensbruchs, Verstößen gegen das Waffengesetz und wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ermittelt.

Wilde Spurwechsel mit überhöhter Geschwindigkeit in der Innenstadt, Blockaden von Straßen, Schüsse aus Pistolen und den Einsatz von Pyrotechnik beklagen die Polizisten. Eine Ermittlungskommission bekam sogar den Namen "Donut" – benannt nach dem süßen Gebäck, das so rund ist wie der schwarze Gummiabrieb, den die kreisenden Autoreifen auf der Fahrbahn hinterlassen sollen.

Tradition in der Heimat

Oft berufen sich die Feiernden auf das Brauchtum in ihrer türkischen Heimat. Dort wird die Frau vom künftigen Ehemann aus dem Haus ihrer Eltern abgeholt, oft ist nebst der Verwandtschaft das ganze Dorf auf den Beinen. Das Zurschaustellen der teuren Autos werten Experten als Ausdruck dafür, dass man es zu etwas gebracht hat. Hochzeiten mit tausend oder mehr Gästen sind auch in Deutschland keine Seltenheit.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) will ausufernde Feierlichkeiten jedoch nicht gelten lassen und erklärt: "Hochzeiten finden im Saal statt und nicht auf den Straßen. Da schieben wir einen Riegel vor. Das ist rücksichtsloses Verhalten, das wir nicht hinnehmen."

Er hat ein Lagebild erstellen lassen und schickt auch Hubschrauber in den Einsatz, um die Strafverfolgung "beweissicher" zu machen. Denn gelegentlich kann niemand mehr zur Verantwortung gezogen werden, weil die Polizei mit ihren Autos nicht schnell genug nachkommt.

Andererseits setzt die Polizei nicht nur auf Repression, sondern auch auf Prävention und gibt Verhaltenstipps. "Halten Sie sich an Verkehrsregeln. Behindern Sie nicht den Verkehr. Provozieren Sie keine Staus. Zünden Sie keine Feuerwerkskörper/Pyrotechnik. Führen Sie keine Waffen mit", heißt es auf einem neuen Flyer. Dieser wird, um künftig derlei Exzesse einzudämmen, in den einschlägigen Partylocations und in Brautmodengeschäften verteilt. (Birgit Baumann aus Berlin, 11.6.2019)