Österreichs Wasserreserven befinden sich überwiegend im öffentlichen Eigentum.

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Von allen Grauslichkeiten, die Heinz-Christian Strache in jener Sommernacht auf Ibiza von sich gegeben hatte, löste sein Vorschlag, das österreichische Wasser an einen russischen Oligarchen zu verkaufen, die größte Empörung aus – denn viele Österreicher betrachten das "weiße Gold" nicht nur als Lebenselixier und Grundrecht, sondern auch als Ausdruck der nationalen Identität.

Daher ist es ein politisch kluger Schachzug, wenn SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner den Schutz des Wassers vor Privatisierung und Ausverkauf in ein Verfassungsgesetz gießen will – und dafür Unterstützung bei anderen Parteien findet. Wer kann hier schon dagegen sein? Sachlich allerdings ist der Vorstoß unnötig, unsinnig und langfristig schädlich.

Reserven sind gut geschützt

Österreichs Wasserreserven befinden sich überwiegend im öffentlichen Eigentum und sind durch das Wasserrechtsgesetz aus dem Jahr 1959 gut geschützt. Ziel des SPÖ-Vorstoßes ist ja nicht das Wasser selbst, sondern die Wasserversorgung, und die liegt zumeist in den Händen der Gemeinden. Deren Management ist zwar effizient, aber nicht immer ganz billig.

Ein Vorschlag der EU, diesen Dienstleistungssektor für den Wettbewerb zu öffnen, wurde vor ein paar Jahren aus verständlichen Gründen abgewehrt. Aber was spricht dagegen, in einzelnen Fällen Partnerschaften mit privaten Unternehmen einzugehen, etwa wenn Klimawandel und Trockenheit in Ostösterreich in einigen Jahren neue Technologien erforderlich machen werden, um die Qualität des Trinkwassers zu garantieren? Auch Brot, Milch, Strom oder Erdgas werden nicht vom Staat geliefert.

Positive Erfahrungen in Frankreich

Dass Wasserprivatisierungen in anderen Ländern die Versorgung immer verschlechtert haben, ist eine Mär. Frankreich etwa hat positive Erfahrungen mit einem privaten System. Das Schlimmste für Verbraucher ist, wenn der Wasserpreis künstlich so niedrig gehalten wird, dass jeder Anreiz zum Sparen und die Mittel für Investitionen fehlen.

Auch mit seinen Weltmarken Evian und Perrier zeigt Frankreich vor, wie sich mit Wasser gutes Geschäft machen lässt. Österreichische Anbieter spielen hier nur in der Landesliga. Oder gilt es bereits als Ausverkauf, wenn Vöslauer, im Eigentum eines Familienunternehmens, oder die Coca-Cola-Tochter Römerquelle Millionen von Flaschen im Jahr verkaufen? Gerade weil sauberes Trinkwasser in den kommenden Jahren an Wert gewinnen wird, sollte Österreich der kommerziellen Nutzung dieser Ressource keine unnötigen Steine in den Weg legen.

Wasserpipelines in den Süden

Das gilt auch für den Verkauf von Wasser ins Ausland. So könnte der Klimawandel den Bau von Wasserpipelines von den Alpen in den trockenen Mittelmeerraum eines Tages sinnvoll oder gar notwendig machen. Österreich sollte bereit und befähigt sein, sich daran zu beteiligen, natürlich mit Rücksicht auf die Umwelt und für angemessene Einnahmen. Es ist nichts Anrüchiges dabei, wenn ein Land seine Bodenschätze exportiert. Das tun erdölreiche Staaten mit viel Erfolg.

Möglicherweise wird das geplante Verfassungsgesetz so schwammig formuliert, dass es nichts von dem verhindert. Dann könnten auch die Neos zustimmen, die sich mit dem Thema Wasserprivatisierung schon einmal die Finger verbrannt haben. Aber eine solche Symbolpolitik ist angesichts der vielen dringlichen politischen Anliegen peinlich. Eine Sperrklausel mit Biss hingegen könnte das wasserreiche Österreich in Zukunft bereuen. (Eric Frey, 11.6.2019)