Paul Schauer

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Wien – Es geht laut Anklage um 335.000 Euro, die Funktionäre des österreichischen Schwimmverbandes (OSV) in den Jahren 2005 bis 2013 auf betrügerische Weise aus der Besonderen Bundessport-Förderung lukriert haben sollen. Die für zwei Tage anberaumte Verhandlung im Wiener Straflandesgericht trat am Mittwochvormittag aber in den Hintergrund, nachdem Richterin Patrizia Kobinger-Böhm darüber informiert hatte, dass Paul Schauer bereits am Montag verstorben ist. Der ehemalige Präsident des OSV war unter den Angeklagten, die Familie hatten seinen Anwalt vom Tod des 72-Jährigen informiert. Die Richterin hatte zudem am Dienstag einen nicht gezeichneten Brief erhalten, in dem Schauer vor dem Suizid offenbar seine Sicht der Dinge darlegen wollte.

Die Sicht der Staatsanwaltschaft: Schauer, sein Finanzreferent Walter Benesch und der Generalsekretär Thomas Gangel sollen Fördermittel erschlichen haben. Auf buchhalterischem Weg wurden demnach fiktive Aufwendungen kreiert, um nicht aufgebrauchte oder widmungswidrig verwendete Subventionen aus der Maßnahmenförderung behalten zu können. Gangel bekannte sich am Mittwoch schuldig, Benesch teilweise. Zwei von drei nebenangeklagten Mitarbeitern der OSV-Buchhaltung gestanden ebenfalls Schuld ein. Der Wiener Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der younion-Gewerkschaft, Christian Meidlinger, war am Mittwoch nicht vor Gericht. Im Fall des SPÖ-Politikers, der vom September 2012 bis August 2013 Nachfolger Schauers als OSV-Präsident war, läuft nach Auskunft von Richterin Kobinger-Böhm eine Diversion. Die Urteile im Straflandesgericht sollen heute, Donnerstag, fallen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Erfolgreiche Zeiten

Der Wiener Paul Schauer stand in einer davor kaum für möglich gehaltenen sportlichen Blütezeit des prinzipiell traditionsreichen österreichischen Schwimmsports an der Spitze des Verbandes. Er war dem ehemaligen SPÖ-Nationalratsabgeordneten Otmar Brix ins Amt gefolgt, der Ende Juli 2003, während eines Besuches der Langbahn-WM in Barcelona, einem Herzinfarkt erlegen war. Im folgenden Sommer holte Markus Rogan in Athen zweimal Silber und also die ersten olympischen Schwimm-Medaillen für Österreich seit 1912, als ein Frauenquartett in Stockholm zu Staffelbronze gekrault war.

Medienprofi Schauer, jahrelang Geschäftsführer der Media Austria, der zweitgrößten Media-Agenturgruppe Österreichs, nützte die Erfolge, die seine Athleten nun in schöner Regelmäßigkeit einschwammen, geschickt für den Verband, dessen Renommee zeitweise nur von jenem des Skiverbandes von Peter Schröcksnadel übertroffen wurde. Wie dieser schmückte Schauer auch das Präsidium des Österreichischen Olympischen Comités und wirkte im ÖOC einige Jahre auch als dessen Vizepräsident.

Rogan, die Geschwister Mirna und Dinko Jukic sowie Fabienne Nadarajah bescherten ihm vier WM-Medaillen auf der Langbahn und deren acht auf der Kurzbahn. Sechsmal erfreute sich der Präsident über Langbahn-EM-Gold (zweimal Mirna Jukic, viermal Rogan). Im September 2012 trat Schauer aber nur zwei Tage vor seiner geplanten zweiten Wiederwahl zurück. Grund waren anhaltende Querelen mit Dinko Jukic. Der war nach einem vierten Platz bei Olympia in London wegen Beleidigung einiger Verbandsfunktionäre gesperrt worden und hatte die Fortsetzung seiner Karriere für Österreich auch vom Abgang Schauers abhängig gemacht. Rogan bedauerte seinerzeit Schauers Rückzug: "Er hat unseren Verband in einer schweren Zeit übernommen und uns international stark gemacht." (lü,12.6.2019)