SNR G1.9+0.3 ist der jüngste bekannte Supernovaüberrest in der Milchstraße. Die Sternenexplosion, die diese Wolke hervorgebracht hat, fand vor rund 25.000 Jahren statt. Unser Sonnensystem besteht aus Materie, die zu einem Gutteil aus solchen kosmischen Ereignissen hervorgegangen sind.

Foto: Nasa

Wir alle bestehen aus Sternenstaub. Das Sonnensystem und alles, was sich darin befindet, setzt sich aus Materie zusammen, die einst in fernen Systemen etwa bei Supernovaexplosionen in den Kosmos hinaus geblasen wurde. Für Astronomen sind Meteoriten wertvolle Zeugen aus der Zeit vor der Geburt unseres Sonnensystems. Die häufigste Art von Sternenstaub sind Silikatkörner von wenigen hundert Nanometern Größe, die zum Großteil aus den Resten von Roten Riesensternen herrühren. Ein kleinerer, aber signifikanter Teil des Sternenstaubs stammt jedoch von Supernova-Explosionen.

Nun aber haben Wissenschafter des Max-Planck-Instituts für Chemie herausgefunden, dass der Anteil des Silikat-Sternenstaubs, der aus Supernovae stammt, in den Meteoriten etwa doppelt so hoch ist, als bisher angenommen. Die Forscher schätzen ihn auf 25 bis 30 Prozent. Daraus schließen sie, dass die Staub- und Gaswolke, aus der unser Sonnensystem vor 4,6 Milliarden Jahren entstand, etwa ein Prozent "echten" Supernovastaub enthielt, wie sie im Fachjournal "Nature Astronomy" berichten.

"Wir konnten mit unserer Studie zeigen, dass ein nicht zu vernachlässigender Anteil der in Meteoriten gefundenen präsolaren Sternenstaubkörnchen, von denen man annahm, dass sie von Roten Riesensternen stammen, stattdessen in Supernova-Explosionen entstanden sind", sagt Physiker Jan Leitner.

Verräterisches Isotopenverhältnis

Der Nachweis gelang den Mainzer Wissenschaftern durch die präzise Bestimmung der Sauerstoff- und Magnesium-Isotopenverhältnisse in Silikat-Sternenstaubkörnern. Es zeigte sich, dass die Magnesium-Isotopenzusammensetzungen in einigen der untersuchten Silikat-Sternenstaubkörner durch die Nova-Modelle erklärt werden können, nicht jedoch deren Sauerstoff-Isotopenverhältnisse. Letztere können zwar durch Modelle für Rote Riesensterne erklärt werden, nicht aber die gefundenen Magnesium-Isotopenzusammensetzungen. Einzig neuere Supernova-Modelle treffen Aussagen, die sowohl die gemessenen Isotopenzusammensetzungen von Magnesium als auch die von Sauerstoff sehr gut erklären.

Die Forscher erklären dieses Phänomen damit, dass die Kernfusionsprozesse, die bei Supernovae, Novae und Roten Riesen ablaufen, jeweils unter anderen Bedingungen stattfinden. Dadurch entsteht für eine Vielzahl von Elementen eine ganz charakteristische Isotopensignatur, die in den Silikat-Körnern einen spezifischen "Fingerabdruck" hinterlässt.

Die ursprüngliche Annahme, dass der weitaus größte Teil des Sternenstaubs aus Roten Riesen stammt, beruht auf Analysen der Verhältnisse der Sauerstoffisotope in den Silikatkörnern, die sich auf eine ganz charakteristische Art und Weise von denjenigen unserer Sonne unterscheiden.

Meteoriten aus der Antarktis und der Sahara

Die untersuchten Sternenstaubkörner wurden in verschiedenen Meteoriten entdeckt, die man in der Antarktis und der Sahara fand. Im Rahmen einer vorhergehenden Studie hatten die Max-Planck-Forscher die Sternenstaubkörner anhand ihrer anomalen Sauerstoff-Isotopenzusammensetzung identifiziert und daraus die Häufigkeit von Sternenstaub in den Meteoriten bestimmt.

Der Nachweis gelang den Max-Planck-Forschern mit Hilfe eines speziellen Massenspektrometers, der sogenannten NanoSIMS. Mit diesem Gerät kann man die Isotopenzusammensetzung von Materialien auf einer Größenskala von 50-100 Nanometern ermitteln. Die präzisen Messungen der Magnesiumisotope wurden erst durch den Einbau einer neuartigen Ionenquelle vor anderthalb Jahren möglich. Zuvor stand nur ein Ionenstrahl zur Verfügung, der größer war als die zu untersuchenden Sternenstaubkörnchen, weswegen die Messergebnisse durch das umgebende Material verfälscht wurden. (red, 15.6.2019)