München – Dass Kryptowährungen einen alles andere als virtuellen ökologischen Fußabdruck haben, zeigten vor einem halben Jahr US-Forscher im Fachmagazin "Nature Sustainability". Sie kamen zum Schluss, dass der Stromverbrauch beim Bitcoin-Mining zu einer teils fatalen Öko-Bilanz führt.

Wissenschafter der Technischen Universität München um Christian Stoll ziehen nun nach. Ihrer Kalkulation nach verbrauchten Rechner, die Bitcoins erstellen, mit dem Stand November 2018 etwa 45,8 Billionen Wattstunden pro Jahr. Dies führt der Studie zufolge zu einem jährlichen Ausstoß von 22 bis 22,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid – dieser liege somit zwischen dem von Jordanien und Sri Lanka. Die Forscher haben ihre Studie in der Fachzeitschrift "Joule" veröffentlicht.

Der Schürfaufwand

2017 boomte die auf der Blockchain-Technologie basierende Kryptowährung Bitcoin dermaßen, dass eine Einheit zwischenzeitlich fast 20.000 US-Dollar (heute knapp 18.000 Euro) wert war. Damit nicht zu große Mengen Bitcoins auf den Markt kommen, müssen komplizierte mathematische Rätsel gelöst werden, um Bitcoins zu "schürfen" – wie Edelmetall aus einer Mine.

In den vergangenen Jahren wurden die Aufgaben, um neue Blöcke zur Bitcoin-Blockchain hinzufügen zu können, immer komplexer: "Im Jänner 2011 konnte ein Bitcoin-Schürfer mit einem aktuellen Grafikprozessor (zwei Gigahashs (GH)/s) damit rechnen, mehr als zwei Blöcke pro Tag zu finden", schreiben die Forscher. "Im November 2018 konnte derselbe Bitcoin-Schürfer (mit der Technik von 2011) aufgrund der zunehmenden Schwierigkeit des Suchrätsels damit rechnen, alle 472.339 Jahre einen Block zu finden."

Selbst das derzeit leistungsstärkste Schürfsystem (44.000 GH/s) liefert eine erwartete Entdeckungsrate von einem Block alle 21 Jahre. Daher müssen sehr viele Systeme parallel laufen. Bei 12,5 Bitcoins pro Block wie im November 2018 werden etwa 1.800 Bitcoins pro Tag geschürft, die dann verfügbar sind.

Der Fußabdruck der Rechenarbeit

Stoll und Kollegen nutzen die Daten der Hersteller von Hardware für das Bitcoin-Schürfen, die im Zuge von Börsengängen veröffentlicht wurden, um den Energieverbrauch der Bitcoin-Schürfcomputer zu schätzen. Anhand von IP-Adressen des Poolservers, der Geräte und des Internetknotens, die mit dem Schürfen in Zusammenhang stehen, ermittelten sie die Standorte der Schürfrechner. Anhand des Strommixes am Standort (also wie viel Strom über Kohlekraftwerke erzeugt wird) errechneten die Wissenschafter den CO2-Fußabdruck für den Rechnerbetrieb. Dabei ging auch der Verbrauch für Kühlung und Zusatzgeräte in die Berechnung ein. Damit wird berücksichtigt, dass ein großer Teil der Bitcoins in Island geschürft wird, wo der Strom nicht aus fossilen Quellen kommt.

Inzwischen wird eine Anwendung der Blockchain-Technologie auch in anderen Bereichen, etwa in der Vertragsgestaltung, diskutiert. Darunter gibt es Methoden, die deutlich weniger Energie verbrauchen als das Schürfen von Bitcoins. "Wir stellen nicht die Effizienzgewinne, die die Blockchain-Technologie in bestimmten Fällen bieten könnte, in Frage", wird Stoll in einer Mitteilung der Zeitschrift "Joule" zitiert. Allerdings konzentriere sich die aktuelle Debatte um diese Technologie auf den erwarteten Nutzen. Nach Auffassung der Forscher müssten jedoch die Kosten einschließlich des CO2-Ausstoßes stärker berücksichtigt werden. (APA, red, 12. 6. 2019)