Kerry King von Slayer geht mit 55 in Pension; Thrash-Metal-Gitarrist müsste man sein. Am Freitag spielen Slayer beim Nova Rock ihr letztes Konzert in Österreich.

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Die roten Köpfe wird man nicht sehen. Wenn am Donnerstag die US-Band Slipknot auf der Blue Stage auftritt, werden die Birnen der Akteure traditionell von voll gruseligen Masken verhüllt sein. Darunter rinnt die Suppe talwärts. Hoffentlich brennt sie dem Sänger nicht zu sehr in den Augen, denn die braucht er, um vom Teleprompter seine Texte über den Tod und den Teufel abzulesen. Slipknot sind, wenn man so tolerant ist, der erste Höhepunkt des heurigen Nova-Rock-Festivals. Vier Tage lang stehen die Pannonia Fields bei Nickelsdorf im Burgenland im Zeichen von Nova Rock, wenngleich der nicht selten etwas veteris ist: alt. Zum Beispiel Slayer.

Slayer fahren zur Hölle

Slayer machen Schluss. Jetzt aber wirklich. Wenn es sich die US-Band aus dem Fach des Thrash-Metals nicht irgendwann überlegt, ist ihr Auftritt am Freitag auf der Red Stage ihr letzter in Österreich. Es geziemt sich also für die Gemeinde, ihrer liebsten Meuchler-Band ein wehmütiges God Hates Us All nachzurufen. Bei der ersten Reunion-Tour nach ein paar langweiligen Jahren auf dem Golfplatz sieht man sich dann wieder. Apropos Wiedersehen.

Hosen und Ärzte

Nova Rock bedeutet immer auch ein Wiedersehen mit alten Freunden. Weniger gewogene Chronisten nennen es die Wiederkehr des Immerselben. Alles Geschmackssache. Nachdem Campino wegen eines Hörsturzes im Vorjahr ausgefallen war, gibt es heuer ein Wiedersehen mit den Toten Hosen – und den Ärzten. Die zwei Formationen waren seit der Erstaustragung des Festivals 2005 schon öfter bei Nova Rock zu erleben. Beide sind börsenunnotierte Punk-Unternehmen mit Sitz in Deutschland. Da es als Seltenheit gilt, dass beide bei demselben Festival auftreten, verzeichnen die Veranstalter 15 Prozent mehr nach Deutschland verkaufte Tickets. Im Schnitt kommen 20 Prozent der Besucher aus Schland, heuer sind es 35. Apropos Ärzte.

Wasser statt Schaufel

Günstigerweise bedarf man ärztlicher Fürsorge nur seitens der Bühne beim Auftritt der so benannten Gruppe am Sonntag. Da es sommerlich warm wird und nicht alle Besucherinnen und Besucher den Herausforderungen für Leib und Leber gewachsen sein werden, gibt es professionelles Personal vor Ort. 120 Sanitäter und ein Dutzend Notärzte sind im Einsatz. Nette Menschen, aber man will sie nicht kennenlernen. Deshalb empfiehlt es sich, vor der Anreise auf der Service-Seite des Festivals zu schauen, was man einpacken sollte, um die vier Tage uneingeschränkt genießen zu können: etwa auf Spaten zugunsten von Wasserflaschen zu verzichten. Löcher buddeln ist auf dem Gelände nämlich verboten. Speaking of verbotenes Zeugs.

Camping für Frauen

Die Veranstalter beschäftigen heuer wieder besonders geschultes Security-Personal. Wer belästigt wird, Homophobie, Rassismus, Wiederbetätigung oder anderes inakzeptables Verhalten erlebt oder beobachtet, soll sich an diese Mitarbeiter wenden. Der Veranstalter sagt: "Respekt untereinander, unabhängig von Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Musikgeschmack, wird bei uns groß geschrieben. Wer das nicht ver stehen will, soll bitte daheim bleiben." Brav.

Vorbeugend gibt es heuer zudem erstmals einen eigenen Campingbereich nur für Frauen. Das heißt nicht, dass Frauen dort campen müssen. Wollen sie, können sie. Die Männlein der Schöpfung haben dort keinen Zutritt. Der Bereich wurde eingerichtet, nachdem es im Vorjahr Beschwerden wegen Übergriffen auf weibliche Gäste gegeben hat. Zum Thema Frauen noch was.

Rare Spezies

Die sind beim Nova Rock traditionell in der Minderheit. Auf der Bühne und davor. Keine fünf Prozent Frauenanteil besitzt das heurige Festivalprogramm. Die Gitarre im Schritt ist, so scheint’s, immer noch eine männliche Disziplin. Zumindest legt das Nova Rock diese Auslegung nahe, international gibt es Festivals, die das Gegenteil beweisen. Das Publikum ist ebenfalls überwiegend männlich. Sogar hinter Bands wie Wolfmother stecken irreführenderweise bloß drei Männer. Huch! Apropos Minderheiten.

Blech statt Metall

Zwar heißt das Festival Nova Rock, angesichts von Überraschungserfolgen schleicht sich aber auch artfremde Musik ins Programm. Am Samstag werden Bonez MC & RAF Camora ihren Hip-Hop aus Wien Rudolfscrime auf der Blue Stage präsentieren: die Gangsta in der Pampa. Da wird sich zeigen, wer ein aufmerk samer Pfadfinder war und wer nicht.

Ebenfalls nicht dem Reinheitsgebot von Gitarre, Bass und Wumms entspricht Wendis Böhmische Blasmusik. Die Kapelle lädt am Sonntag zum Frühschoppen. Blech statt Metall. (Karl Fluch, 12.6.2019)

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Was muss auf jedem Festival dabei sein? Das Videoteam von DER STANDARD hat am Nova Rock 2018 nach persönlichen Must-Haves gefragt.
DER STANDARD

Festivaltipps für den Sommer

Klassik: Es muss sich natürlich immer auch das Wetter gütig zeigen. Dann allerdings entfaltet Freiluftoper ihren besonderen Charme. Heuer hofft man bei den Bregenzer Festspielen auf Regenfreiheit für Verdis Rigoletto (17. 7.), während im burgenländischen Steinbruch St. Margarethen die Zauberflöte (10. 7.) versucht, effektvoll ins Trockene zu kommen. Die Seefestspiele Mörbisch wiederum finden ihr Operettenglück mit Lehárs Land des Lächelns. Freiluftqualität weist auch das Konzertfestival in Grafenegg (14. 8.) auf. (toš)

Auf dieser Bühne wird In Bregenz "Rigoletto" zu erleben sein.
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Jazz und Blues: Jazzfreunde können in der Staatsoper beim Wiener Swingfest wieder einmal auch Bobby McFerrin (8. 7.) erleben. Einen anderen hochkarätigen guten Bekannten, US-Sänger Gregory Porter, trifft man bei der Nova Jazz und Blues Night in Eisenstadt (29. 6.). Empfehlenswert ist auch das Jazzfest in Saalfelden, das sich u. a. mit Joshua Redman einen Saxofonstar der jüngeren Generation leistet. Eine besondere Atmosphäre bietet das stilbunte Wellenklaenge-Festival in Lunz am See (ab 12. 7.) (toš)

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Gregory Porter trifft man bei der Nova Jazz und Blues Night in Eisenstadt.
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Pop und Rock: Wer die heimischen Popriesen Bilderbuch im Schlosspark Schönbrunn verpasst hat, bekommt diesen Sommer noch mehr Gelegenheiten: Ein Gastspiel gibt die Band beim fein programmierten Alternative-Festival poolbar in Feldkirch (5.–11. 8.) und ein Heimspiel bei Ahoi! in Linz (13. 7.). Das Frequency-Festival in St. Pölten (15.–17. 8.) lockt mit einem Auftritt der US-Sängerin Billie Eilish, die dem Popjahr bisher ihren Stempel aufdrückte. Gratismusik gibt es beim Popfest auf dem Wiener Karlsplatz (25.–28. 7.). (stew)

Musikerin Billie Eilish kommt nach Österreich.
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Elektronik: Hedonistisch und tanzwütig geht es bei den beliebten sommerlichen Großevents der Electronic Dance Music zur Sache. Bei Electric Love am Salzburgring (4.–6. 7.) lässt verlässlich der niederländische DJ-Altmeister Tiesto die Bässe sprechen, hinzu gesellen sich Sven Väth, Diplo oder Afrojack. Das neu gegründete Electric Nation in Graz (13. 7.) hat mit Armin Van Buuren einen anderen großen Niederländer der Szene im Programm. Neben Steve Aoki tritt auch ESC-Teilnehmerin Paenda in Erscheinung. (stew)

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Tiesto tritt bei Electric Love am Salzburgring auf.
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Welt- und Volksmusik: Das Weltmusik-Festival Glatt & Verkehrt (12.–28. 7.) im Kremser Weingut Sandgrube 13 lässt Musiktraditionen aller Kontinente erklingen. Unter dem Leitmotiv "Wege, Reisen, Pfade" untersucht das mit beinahe wissenschaftlichem Anspruch kuratierte Festival auch heuer die künstlerisch befruchtende Migrationsgeschichte, die Musik aus Lateinamerika, vom Balkan oder aus dem Nahen Osten auszeichnet. Mit Südeuropa-Schwerpunkten, Klezmer und neuer Volksmusik aus Österreich. (stew)

Glatt und Verkehrt in Krems präsentiert u. a. Klaus Paier und Asja Valcic.
Foto: Rainer Gregor Eckharter