Kein inoffizieller Leak aus zweifelhafter Quelle, sondern ein Bild von Google selbst: Das Pixel 4 wählt ein anderes Design als seine Vorgänger.

Grafik: Google

Folgt Google seinem gewohnten Hardwarezyklus, dürfte das Pixel 4 eigentlich erst Anfang Oktober offiziell enthüllt werden. Doch angesichts erster Leaks in den Vortagen hat sich das Unternehmen nun zu einem ungewöhnlichen – und ziemlich überraschenden – Schritt entschieden: Via Twitter wurde kurzerhand ein erstes Bild der kommenden Smartphone-Generation von Google veröffentlicht.

Neue Kamera

Damit wird jenes Design bestätigt, das in den vergangenen Tagen bereits die Runde gemacht hat: Der Einzelkamera bisheriger Pixel-Smartphones folgt ein größeres Kameramodul. Bei näherer Betrachtung zeigen sich darin zwei Kameras, ein LED-Flash sowie noch zwei Ausschnitte, bei denen auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, wofür sie gedacht sind. Bei einem davon dürfte es sich um einem Spektral/Anti-Flicker-Sensor handeln, wie er schon beim aktuellen Pixel 3 genutzt wird. Bliebe noch ein weiterer Ausschnitt offen, eine Möglichkeit wäre hier ein "Time of Flight"-Sensor, wie er bei manchen Smartphones mittlerweile zur Erfassung von Tiefeninformationen genutzt wird.

Die zentrale Frage bleibt allerdings, wie Google die zwei Hauptsensoren aufteilt. Also ob man etwa auf eine zusätzliche Weitwinkeloptik setzt oder doch auf einen Zoom – oder ganz eine andere Kombination vornimmt.

Fingerabdruck

Und noch eines macht das Bild von Google klar: Einen rückseitigen Fingerabdrucksensor wird es nicht mehr geben. Bleibt abzuwarten, ob es künftig eine entsprechende Lösung im Power-Button oder unter dem Display geben wird. Oder aber Google wechselt gleich vollständig auf Gesichtserkennung. War doch zuletzt zu hören, dass das Unternehmen an der Vorderseite des Pixel 4 eine Fülle von Sensoren für eine Face-ID-ähnliche Lösung verbauen will.

Apropos: Über die Vorderseite des Pixel 4 verrät Google damit natürlich noch nichts, insofern darf weiter über Fragen wie die Größe des Rahmens um das Display spekuliert werden. Allerdings bestätigt das Unternehmen mit diesem Schritt die Validität der Leaks der vergangenen Tage und damit auch indirekt zumindest ein weiteres Detail: nämlich dass es nur mehr einen Lautsprecher an der Vorderseite geben wird, und zwar am oberen Bildschirmrand.

Notch oder nicht?

Gleichzeitig ist damit auch klar, dass es kein komplett rahmenloses Display geben wird, verbraucht der Lautsprecher oben doch einen gewissen Platz. Eine Möglichkeit wäre, einen Notch wie beim Pixel 3 XL – wenn auch angesichts der Abmessungen wohl etwas weniger hoch – zu verwenden. Allerdings war zuletzt zu hören, dass Google lieber gleich einen etwas größeren Rahmen über dem Display in Kauf nimmt, da man ja auch die Sensoren für die Gesichtserkennung wo unterbringen muss – und dann links und rechts nur mehr wenig Platz wäre.

Strategiefragen

Die Veröffentlichung eines offiziellen Produkt-Renders zu einem so frühen Zeitpunkt ist ein ungewöhnlicher, aber durchaus interessanter Schritt. Immerhin übernimmt Google damit die Kontrolle über die Vorabberichte zu dem Gerät. Gleichzeitig ist dieser Schritt auch nicht ungefährlich, immerhin entzieht man damit der aktuellen Hardwaregeneration jegliche Luft, da potenzielle Pixel-Käufer jetzt lieber zuwarten könnten. Ein bekannter Effekt, der Hersteller üblicherweise von solch frühen Teasern abhält. In diesem Fall dürfte dies aber verkraftbar sein, da Google selbst bereits eingestanden hat, dass die Absätze des Pixel 3 seit Anfang des Jahres schwächeln. Derzeit dreht sich das Interesse der Google-Smartphone-Käufer vor allem um das Pixel 3a – das ist aber ohnehin in anderen Preisregionen angesiedelt.

All dies hat auch so manchen Beobachter dazu gebracht, über eine frühere Veröffentlichung des Smartphones zu spekulieren. Ein Schritt, der durchaus sinnvoll sein könnte, ist Google doch im Vergleich zu anderen Herstellern spät im Jahr mit seinen Geräten dran. Das neue iPhone gibt es meist einen Monat zuvor, Samsungs Galaxy Note gar zwei. Einen wirklich ernsthaften Hinweis auf eine Änderung des Release-Zeitpunkts gibt es jenseits dieser Spekulationen aber nicht.

Erwartungen

Unabhängig vom Zeitpunkt der Veröffentlichung ist klar, dass Google mit diesem Schritt nun selbst die Erwartungen an das Pixel 4 erhöht hat. Ob man diese auch einlösen kann, muss sich erst zeigen. Zumindest war in den vergangenen Tagen von einigen durchaus interessanten Hardwaredetails zu hören. So könnte das kommende Google-Smartphone mit einem Mini-Radar zur Erkennung von Gesten im Umfeld ausgestattet sein. Auch ein automatischer Weißabgleich des Displays in Anpassung an die jeweiligen Lichtverhältnisse soll geplant sein – ähnlich wie es Apple schon bei seinen Geräten macht. Bereits vor einigen Wochen hat Google zudem bestätigt, dass das Pixel 4 das erste Smartphone sein wird, bei dem Spracherkennung komplett offline funktioniert – wofür ebenfalls eigene Hardware benötigt wird.

Genau solche Features wird Google aber auch brauchen, um die Konsumenten davon zu überzeugen, einen Premiumpreis für sein neues Smartphone zu zahlen. Immerhin hat man selbst mit dem Pixel 3a gerade ein Mittelklassegerät vorgestellt, das mit überraschend wenig Abstrichen gegenüber aktuellen Topgeräten auskommt. (Andreas Proschofsky, 13.6.2019)