Dafür, dass der Youtuber Rezo sich nach eigenen Angaben zuvor kaum für Politik interessiert hatte, sorgte sein Video "Die Zerstörung der CDU" für gewaltigen Aufruhr in der Bundesrepublik. Der 55-minütige Clip, in dem er der CDU politische Verfehlungen, insbesondere in Sachen Klimawandel, vorgeworfen hatte, sorgte kurz vor der Europawahl für teils heftige Reaktionen aus der Partei.

Entschuldigungen folgten – selbst Parteichefin Kramp-Karrenbauer geriet in Erklärungsnot, als sie in einem Tweet über Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Netz zu sinnieren schien.

Rezo ja lol ey

Doch auch Wochen nach dem Wahlgang sind die Wogen noch nicht geglättet. Während man bei der CDU erwägt, ob man Influencer aufbauen sollte, die die eigene Agenda pushen, bringen sich andere Persönlichkeiten aus dem konservativen Spektrum mit Anschuldigungen gegen Rezo selbst in Bedrängnis, wie "Übermedien" und "Correctiv" dokumentieren.

Rezo, ein bezahlter Agitator?

Da wären etwa der Infrastrukturminister Andreas Scheuer von der bayrischen CDU-Schwesterpartei CSU und Jasper von Altenbockum, Innenpolitikchef der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ). Beide griffen eine Verschwörungstheorie rund um Rezo auf.

Die da lautet: Sein Kanal ist laut Impressum Teil eines Vermarktungsnetzwerkes namens Tube One, das wiederum dem Werbeunternehmen Ströer gehört. Darum verbreite der blauhaarige Videomacher eigentlich gar nicht seine eigene Meinung, sondern agitiere insgeheim im Auftrag der Ströer-Kunden. Es seien wohl die Grünen die Auftraggeber der "Zerstörung der CDU", vermutet man.

Eine Theorie, die vor allem in rechten und rechtsextremen Kreisen kursiert, etwa auf Webseiten wie Tertium Datur und Epoch Times oder dem Youtube-Channel Actuarium. Beweise für die Behauptungen werden dort nicht vorgebracht. Seitens der Grünen wird jegliche Beteiligung an dem Video dementiert.

Video aus fragwürdiger Quelle

Brisant ist dabei, dass von Altenbockum, der Rezos Video in der Vergangenheit als "linkspopulistisches Machwerk", "Hetzkampagne" und "Demagogie" betitelt hatte, dabei ein Video von Actuarium geteilt hatte. Abseits der darin aufgestellten ungeprüften Behauptungen lässt sich über das Impressum dieses Kanals einsehen, dass dahinter der Betreiber eines offenbar homophoben und antisemitischen Onlineportals namens "Offenkundiges" steht. Videos mit entsprechenden Inhalten sind auch bei Actuarium selbst zu finden.

In weiterer Folge kam es auch zu einem Schlagabtausch zwischen Rezo und von Altenbockum über Twitter. Der Youtuber wirft dem Journalisten vor, Unwahrheiten über ihn zu verbreiten – etwa mit der Behauptung, er würde "Wahlwerbung für einen Werbekonzern" machen. Diese Behauptung stritt von Altenbockum zuerst ab, wurde aber schnell an seinen ursprünglichen Tweet erinnert.

Mittlerweile hat von Altenbockum diesen Tweet gelöscht, sich von Actuarium distanziert und bereut, das Video geteilt zu haben – nebst "missverständlicher Formulierung". Infrastrukturminister Scheuer wiederum hat auf die Kritik zu seiner Rede und die Verbreitung der Verschwörungstheorie über Rezo bislang nicht reagiert. (gpi, 13.6.2019)