In dieser Ausgabe des Familienrats antworten Katharina Weiner vom Jesper-Juul-Familylab in Österreich und der Buchautor, Psychiater und Psychoanalytiker Hans-Otto Thomashoff auf die Frage einer Leserin.

Frage:

Unsere beiden Kinder sind vier und sieben Jahre alt und bekommen immer wieder mal von Verwandten Geld zugesteckt. Das Geld sparen sie entweder, oder sie sammeln es in ihren Brieftaschen. Meine größere Tochter hat schon mehrmals erwähnt, dass sie mir etwas kaufen will, zum Geburtstag zum Beispiel. Ich sage dann immer, dass ich mich sehr über Selbstgebasteltes oder Zeichnungen freue.

Kinder sollen den Umgang mit Geld lernen. Doch wie macht man es richtig?
Foto: https://www.istockphoto.com/at/portfolio/KurKestutis

Damit will sie sich aber nicht mehr zufriedengeben. Jetzt weiß ich nicht, ob ich ihr erlauben soll, etwas Kleines für mich zu kaufen. Was halten Sie davon?

Antwort von Hans-Otto Thomashoff

Durch die Erziehung sollen unsere Kinder auf das wirkliche Leben vorbereitet werden, und da gehört auch ein gesunder Umgang mit dem Konsum dazu. Wenn sie den lernen wollen, dann sollten wir ihnen die Gelegenheit dazu geben, denn früher oder später werden sie nicht umhinkönnen, mit Geld umzugehen. Und das gelingt sicher am besten, wenn wir sie dabei anleiten. Lassen Sie doch Ihre Siebenjährige gemeinsam mit Ihnen planen, wie sie ihr Geld einteilen will und wie viel sie davon für ein Geschenk ausgeben möchte. Dann begleiten Sie sie in einen Laden, wo sie dann selbstständig etwas Passendes aussuchen kann.

Der Umgang mit dem Konsum ist ja selbst für viele Erwachsene trickreich, denn Konsum erfüllt uns mit einem kurzen Genuss im schnellen Belohnungssystem unseres Gehirns. Das fühlt sich im Moment ganz gut an, ist aber auf Dauer kurzlebig und kann ganz schön stressig werden, wenn nie gelernt wurde, dass es irgendwann genug ist. Wenn ich ohne Grenzen meine ganze Energie für das schnelle Belohnungssystem aufwende, gerate ich in einen Teufelskreis, weil ich dann immer mehr brauche. Nicht von ungefähr sitzen die meisten Süchte im schnellen Belohnungssystem.

Es entsteht eine Eigendynamik, die leicht der Kontrolle entgleiten kann, wenn wir nicht bewusst gegensteuern und die eigentlichen Bedürfnisse unserer Psyche an die erste Stelle setzen: gute Beziehungen, aktives Bewirken, ein Grundgefühl von Stimmigkeit und zu guter Letzt einen gesunden Stresshaushalt. Wie wir selbst diese vier Säulen für ein gelingendes Leben praktisch umsetzen, müssen wir selbst herausfinden – und dieses Wissen an unsere Kinder weitergeben, indem wir es ihnen authentisch vorleben. (Hans-Otto Thomashoff, 28.7.2019)

Hans-Otto Thomashoff ist Psychiater, Psychoanalytiker, zweifacher Vater und Autor. Zuletzt veröffentlichte Bücher: "Das gelungene Ich" (2017) und "Damit aus kleinen Ärschen keine großen werden" (2018).
Foto: Alexandra Diemand

Antwort von Katharina Weiner:

Wunderbare Idee Ihrer Tochter! Wie oft schenken Sie ihr Selbstgemachtes? Über sein eigenes Geld verfügen zu dürfen bestärkt die Selbstständigkeit, trainiert den Umgang mit Geld und begleitet das Begreifen mathematischer Zusammenhänge. Im Supermarkt mit zwei Euro selbst einkaufen oder im Sommer ein Eis holen macht bereits Zweijährigen Riesenspaß und verhindert vorab so manchen Konflikt an der Supermarktkassa.

Zudem möchten Kinder das, was sie von uns erfahren, auch an uns zurückgeben. Dafür werden wir unentwegt beobachtet. So wissen sie zum Beispiel genau, was uns schmeckt oder was wir besonders gerne mögen. Ich denke, Sie können sich von beiden Mädchen getrost überraschen lassen, womit Sie beschenkt werden. (Katharina Weiner, 28.7.2019)

Katharina Weiner ist Familienberaterin sowie Coachin und arbeitet als Trainerin in der Elternbildung. Die Mutter einer Tochter leitet das Jesper-Juul-Familylab in Österreich.
Foto: Sven Gilmore