Die Marmorierte Baumwanze ist gekommen, um zu bleiben.

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Diskretion ist der Wanzen beste Überlebensstrategie. Und die allermeisten der über 3.000 europäischen Wanzenarten sind darin so gut, dass kaum ein Mensch je von ihnen gehört hat.

Doch dann gibt es da noch die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys). Die hat das Motto offensichtlich nicht verinnerlicht, denn seit ein paar Jahren sorgt sie für Schlagzeilen wie "Die nächste Generation Baumwanzen belagert unsere Häuser" oder – kreisch! – "Ich hatte die Stinkwanze sogar unter der Bettdecke". Dass sie nicht schon früher aufgefallen ist, liegt daran, dass sie erst in den 2000er-Jahren in Europa eingeschleppt wurde.

Die ursprüngliche Heimat des bis zu 1,7 Zentimeter langen bräunlichen Tiers mit dem namensgebenden Fleckenmuster ist Ostasien. Der internationale Warenverkehr hat aber dafür gesorgt, dass es inzwischen auch an Orten aufgetaucht ist, die niemand hätte vorhersagen können – wie Zürich oder Liechtenstein, die als Epizentren der aktuellen Invasion Mitteleuropas gelten.

Und Halyomorpha halys ist die reinste Multitaskerin, wenn es darum geht, negativ aufzufallen. Während sich die meisten Schädlinge auf eine Pflanze spezialisiert haben, saugt sie an nahezu allem, was uns auch schmeckt, ob Obst oder Gemüse. Baumwanzenbefall auf Plantagen kann zu erheblichen Ernteeinbußen führen, wie sich in den USA zeigt, wo die Tiere schon ein paar Jahre früher eingeschleppt wurden.

Doch damit nicht genug. Die Baumwanze hat die seltene Gabe, Schädling und Lästling zugleich zu sein. Sie lebt zwar maximal ein Jahr, doch den Winter muss sie unbedingt noch mitnehmen. Den verbringt sie an geschützten Stellen – was menschliche Behausungen ausdrücklich miteinschließt. Dort richtet sie zwar keine Schäden an, doch hat sie eine letzte Beschwerlichkeit im Arsenal: dämonischen Gestank. Bei Gefahr sondert sie eine Flüssigkeit ab, der aufgrund der darin enthaltenen Substanzen schon ein Koriander-Bouquet angedichtet wurde. Allerdings wird in der Praxis niemand gewillt sein, solchen Feinheiten hinterherzuschnuppern, wenn die Stinkbombe erst einmal hochgegangen ist.

Darum: Nur nicht versuchen, die Wanze zu zerquetschen! Behutsames Entfernen ist angesagt – oder ihr einfach aus dem Weg gehen, aktuell bleiben die Tiere ohnehin draußen in der Botanik. Im Herbst allerdings werden sie wieder um Einlass ersuchen und die nächste Welle von Schlagzeilen mit sich bringen. (Jürgen Doppler, 14.6.2019)