Salvini (li.), Meuthen und Le Pen feiern gemeinsam.

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Alter Wein in neuen Schläuchen, aber in doppelter Menge: So präsentierte sich am Donnerstag eine "neue Fraktion" aus rechtspopulistischen und ex trem rechten Parteien aus neun EU-Staaten im Europäischen Parlament (EP) in Brüssel. Sie nennt sich "Identität und Demokratie" (ID), geht aus der Fraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF) hervor, die bisher vom französischen Rassemblement National (früher Front National) unter Marine Le Pen dominiert wurde.

Der Unterschied zur vergangenen Legislaturperiode: Die ID wird nicht mehr von Franzosen dominiert, die wie bisher 22 EU-Abgeordnete stellen. Stattdessen übernimmt die Lega aus Italien unter deren Parteichef und Innenminister Matteo Salvini das geistige Kommando. Die Lega hat bei den EU-Wahlen am 26. Mai ihre Mandatsstärke von sechs auf 28 fast verfünffacht. Konsequenterweise wurde der Lega-Mann Marco Zanni zum neuen Fraktionschef in Straßburg gewählt. Dessen drei Hauptanliegen: Sicherheit, der Schutz der EU-Außengrenzen; mehr finanzieller Spielraum für Eurostaaten; Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland.

FPÖ hieße Strache willkommen

Neu in der Gruppe ist die Alternative für Deutschland (AfD), die elf Mandate mitbringt. Wie deren Vertreter Jörg Meuthen sagte, handle es sich um "keine Neuauflage der ENF". Man wolle die EU nicht zerschlagen, aber "konstruktiv arbeiten" an einem Europa der "Vaterländer". Im Wahlkampf wurde von der AfD noch die Auflösung des EU-Parlaments propagiert. Die drei Rechtsparteien aus Italien, Frankreich und Deutschland zusammen stellen 61 von 73 Mandaten der ID, was die Kräfteverhältnisse gut wiedergibt. Die restlichen sechs nationalen Delegationen bringen zwölf Mandate ein.

Die FPÖ ist nach dem Verlust eines Mandats mit drei EU-Abgeordneten dabei – Harald Vilimsky, Georg Mayer und Petra Steger. Ob Letztere im Juli ihr EU-Mandat antritt, ist aber unsicher, da Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache aufgrund der Vorzugsstimmen sie verdrängen könnte.

FPÖ in Nebenrolle

Laut Vilimsky wäre Strache sehr willkommen. Neben der FPÖ mit ebenfalls drei EU-Mandaten auffällig ist der Vlaams Belang aus Belgien, eine Partei, die früher als Vlaams Blok wegen rassistischer Programmatik verurteilt worden war und dann den Parteinamen wechselte. Daneben sind Rechtspopulisten aus Dänemark, Estland, Finnland, Tschechien an Bord. Der Finne Jussi Halla-aho räumte ein, das man am Ziel, im EU-Parlament eine große Rechtsfraktion zu bilden, gescheitert sei.

Sowohl die Konservativen (mit den Tories und der polnischen PiS-Partei) wie die EU-Skeptiker um den Brexitbetreiber Nigel Farage bilden eigene Fraktionen. Die ID-Fraktion ist nun fünftstärkste Fraktion hinter den Christdemokraten (EVP), Sozialdemokraten (S&D), den Liberalen (Alde) und den Grünen. Sie verfügen über mehr Redezeit im Plenum und umfangreiche Mittel und Mitarbeiter. Aufgrund der Isolation durch die anderen Fraktionen dürften sie aber politisch nur begrenzt wirken. (Thomas Mayer aus Brüssel, 13.6.2019)