Der Wohnungsmarkt in Berlin ist angespannt. Es gibt zu wenige Wohnungen, viele Mieten steigen rasch. Dagegen will der rot-rot-grüne Senat nun mit einem Mietendeckel ankämpfen, dieser soll fünf Jahre gelten.

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Die Sekunden verrinnen unbarmherzig. Fett und groß zählt der Eigentümerschutzverband "Haus & Grund" auf seiner Website die Tage, Minuten und Sekunden bis zum 18. Juni. An diesem Tag wird – aus Sicht von Eigentümern – etwas äußerst Unangenehmes passieren.

Der rot-rot-grüne Senat berät über einen Gesetzesentwurf von Katrin Lompscher, der Senatorin für Wohnen (Linkspartei). Dieser sieht vor, dass in Berlin wegen der Wohnungsnot und der zuletzt stark gestiegenen Forderungen der Vermieter erstmals die Mieten für fünf Jahre eingefroren werden.

Zwar würde das Gesetz, wenn es denn so kommt, erst 2020 in Kraft treten. Doch es könnte rückwirkend zum 18. Juni gelten, daher rät "Haus & Grund" allen Eigentümern der 1,6 Millionen Wohnungen in Berlin: "Erhöhen Sie unbedingt bis zum 17. Juni die Miete!" Danach werde dies nämlich vielleicht "für lange Zeit" nicht mehr möglich sein.

Lompscher ist über den Aufruf empört. "Mieterinnen und Mieter werden so zum Faustpfand der Immobilienlobby degradiert. Wer Mieterhöhungen gezielt einsetzt, um die Politik auf Kosten von Mieterinnen und Mietern unter Druck zu setzen, entlarvt sich selbst", sagt sie und spricht von einem "verheerenden Signal".

Bußgeld bis 500.000 Euro

Ihr Gesetzesentwurf sieht nicht nur das Einfrieren von Mieten vor, sondern auch, dass bei Neuvermietungen keine höhere Miete mehr verlangt werden kann. Es muss diejenige weiter gelten, die die vorigen Bewohner schon bezahlt haben. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 500.000 Euro.

Für die Aktion zur Last-Minute-Mieterhöhung bekommt "Haus & Grund" auch Kritik aus der CDU, die traditionell den Eigentümern gegenüber freundlich eingestellt ist. "Ich finde den Aufruf reichlich skurril", sagt der wohnungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Christian Gräff.

Carsten Brückner, der Berliner Vorsitzende von "Haus & Grund", verteidigt das Vorgehen und weist darauf hin, dass der Verband keine Wohnungsunternehmen oder international agierenden Investoren vertrete, sondern die privaten Kleineigentümer: "Sie 'quetschen' nichts aus der Immobilie oder gar den Mietern heraus, sondern investieren, sind auch emotional mit dem Familienbesitz verbunden." Zudem seien die Mieteinnahmen oft Teil der Altersabsicherung.

Der Senat plant jedoch, in wirtschaftlichen Härtefällen für Eigentümer Mieterhöhungen zu genehmigen. Mieter mit geringem Einkommen könnten dann finanziellen Ausgleich aus Haushaltsmitteln bekommen.

Keine Mittel für Neubau

Doch auch in der rot-rot-grünen Koalition sind nicht alle vom Mietendeckel angetan. Mit diesem würden "die sechs landeseigenen Unternehmen geschwächt und der Neubau bezahlbarer Mietwohnungen erschwert", warnt der SPD-Mietexperte Volker Härting. Denn der Stopp würde sie ebenso treffen wie die Genossenschaften, die – im Gegensatz zu vielen privaten Vermietern – preisgünstigen Wohnraum anbieten.

Die Genossenschaften protestieren daher auch gegen den geplanten Deckel. Der grüne Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt, sieht die Gefahr, dass gemeinnützigen Hausprojekten das Geld für die Instandhaltung ausgeht.

Die rot-rot-grüne Koalition in Berlin will mit dem Einfrieren von Mieten auch dem Volksbegehren "Deutsche Wohnen & Co enteignen" den Wind aus den Segeln nehmen. Die Initiative fordert, alle privaten Vermieter, die mehr als 3000 Wohnungen besitzen, zu "enteignen".

Gemeint ist damit eine "Vergesellschaftung": Die Wohnungen sollen in den Landesbesitz übergehen, die bisherigen Eigentümer allerdings finanziell entschädigt werden. Am heutigen Freitag übergibt die Initiative ihre Unterschriftenliste an die Senatsverwaltung für Inneres. (Birgit Baumann aus Berlin, 14.6.2019)