Schwarz und Weiß lautete der Dresscode am 100. Tag der Buwog-Verhandlung. Karl-Heinz Grassers Rechtsanwalt, Manfred Ainedter, jedenfalls trug Schwarz. Er tue das aus Trauer, weil im Verfahren "kein Ende in Sicht" sei, erklärte er. Die sechs Schöffen dagegen trugen unschuldsweiße Hemden oder T-Shirts; bis auf einen.

Als Zeugin geladen war unter anderem eine Vorstandsassistentin des früheren RLB-OÖ-Chefs Ludwig Scharinger. Sie wurde von der Richterin vor allem zum brisanten Protokoll einer Vorstandssitzung in der RLB OÖ befragt, die am 8. Juni 2004 stattgefunden hatte. Also nach Abgabe des ersten Anbots für die Bundeswohnungsgesellschaften und vor dem Zuschlag am 15. Juni.

In diesem Protokoll ist in einem "Einschub" vermerkt, dass der Vorstand einstimmig dafür war, das Angebot auf 961,28 Millionen Euro zu erhöhen. "Mehr als 960" war ja der Tipp, den Peter Hochegger weitergegeben haben soll.

Die Zeugin, zu deren Aufgaben das Protokollieren gezählt hatte, erklärte, dass sie diesen "Einschub" erstellt habe. Sie habe das so genannt, weil der Antrag nicht auf der Tagesordnung der Sitzung gestanden sei. Alle sechs Vorstandsmitglieder hätten ihn angenommen, und es habe sich auch danach niemand über eine etwaige falsche Protokollierung beschwert. Woher die Zahl 961 stamme, das wisse sie aber nicht.

Widerspruch

Damit tut sich freilich ein Widerspruch auf: Andere Raiffeisen-nahe Zeugen und Angeklagte haben erklärt, dass das Angebot für die zweite Runde (die rund 961 Mio. also) erst am Nachmittag des 8. Juni ausklamüsert worden sei. Die Zeugin auf Nachfragen des Anwalts eines Ex-RLB-OÖ-Chefs: "Ich bleibe bei meiner Aussage."

Zur Erinnerung: Die Anklage wirft den RLB-OÖ-Managern Korruption bei der Buwog-Privatisierung vor; für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Am Nachmittag sagte dann Klaus Kumpfmüller aus, der damals für Konsortialpartner Hypo OÖ tätig war. Heute ist er im Vorstand der Finanzmarktaufsicht FMA. Kumpfmüller konnte sich aber an wenig erinnern.

Er erklärte jedoch, das Österreich-Konsortium habe eine zweite Angebotsrunde "triggern" (also auslösen) wollen – und zwar mit den Zusatzangeboten in der ersten Runde. Die hätten signalisieren sollen, dass man auch mehr zahlen könne. "Hundertprozentig" habe er aber nicht mit einer zweiten Runde gerechnet. Wie das Konsortium zur Preisfestsetzung der zweiten Runde kam, dazu habe er "keine Wahrnehmung".

Die Ermittlungen gegen Grasser beim "35-Mio.-Faktum" (man hätte beim Einzelverkauf der Wohnungsgesellschaften mehr erzielen können) sind nun rechtskräftig eingestellt. (Renate Graber, 14.6.2019)