Das deutsche Braunkohlekraftwerk Niederaußem zählt zu den größten Stromproduzenten Europas – und bläst dabei besonders viel Kohlendioxid in die Atmosphäre.
Foto: Imago / Hans-Günther Oed

Mitte Mai vermeldeten Forscher des Mauna-Loa-Observatoriums auf Hawaii den erwarteten und befürchteten Rekordwert: Die Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid in der Atmosphäre ist auf mehr als 415 ppm (also Teile pro Million) angestiegen. Zum Vergleich: Vor der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert lag der Anteil recht beständig bei 280 ppm.

Man muss in der Erdgeschichte schon ziemlich weit zurückgehen, um auf ähnlich hohe Werte zu stoßen. Das letzte Mal gab es vor drei Millionen Jahren im Pliozän 400 ppm Kohlendioxid in der Atmosphäre. Damals waren die globalen Durchschnittstemperaturen um drei bis vier Grad Celsius höher als heute. Und der Meeresspiegel lag um 15 Meter höher.

Wachstum des globalen Energieverbrauchs.
Grafik: BP

Keine Trendwende in Sicht

Im Moment deutet wenig darauf hin, dass demnächst eine Trendumkehr bei den Kohlendioxidemissionen bevorstehen könnte. Die neuesten Zahlen dazu liefert ausgerechnet BP: Der britische Mineralölkonzern hat zum 68. Mal seinen Weltenergiebericht ("Statistical Review of World Energy") vorgelegt, der mit die verlässlichsten Daten zur globalen Energieproduktion und zum weltweiten Energieverbrauch liefert. Und die aus diesem Bericht ablesbaren Trends seien weit weg von jenen Entwicklungspfaden, die zum Einhalten der Paris-Ziele nötig wären, wie Spencer Dale, der Chefökonom von BP, resümiert.

Laut den Berechnungen der BP-Experten stieg der globale Energieverbrauch um 2,9 Prozent in Relation zu 2017 – verglichen mit dem gemittelten Wachstum der letzten zehn Jahre ist das fast der doppelte Wert. Der Ausstoß von Kohlendioxid wiederum nahm um zwei Prozent zu und wuchs damit stärker als in den sieben Jahren zuvor.

Welche Länder zum Energieverbrauch am meisten beitragen.
Grafik: BP

Es gibt auch gute Nachrichten

Eine der wenigen guten Nachrichten: Am stärksten wuchs die aus erneuerbaren Energieträgern (ohne Wasserkraft) hergestellte Energie, nämlich um gleich 14,5 Prozent, übrigens besonders stark in China. Dennoch trugen die "Erneuerbaren" 2018 global nur 9,3 Prozent zur Stromproduktion bei.

In absoluten Zahlen legen sowohl die Produktion wie auch der Konsum von Erdgas – und dabei vor allem das in den USA geförderte – besonders stark zu. Beide Werte lagen im Vergleich zu 2017 um mehr als fünf Prozent höher. Erdgas liegt in Sachen Primärenergie aber nach wie vor hinter Öl und Kohle.

Energieverbrauch und Kohlenstoff-Ausstoß.
Grafik: BP

Beim Energieverbrauch waren drei Länder für mehr als zwei Drittel des Wachstums verantwortlich: China, Indien und die USA, wo der Energiehunger besonders stark stieg. Hinsichtlich der Gründe für die globale Zunahme des Energieverbrauchs nennt Spencer Dale zum einen das Wirtschaftswachstum, das den Gutteil des Anstiegs erklärt. Zum anderen streicht er aber einen Faktor heraus, der für zusätzliche Dramatik in der Klimakrise sorgen könnte.

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Extremes Wetter als Faktor

Laut den Berechnungen der BP-Experten ging nämlich rund ein Viertel des Anstiegs beim Energiekonsum darauf zurück, dass es 2018 insbesondere in den USA, aber auch in Russland und China im Winter besonders kalt und im Sommer sehr heiß war. Mit anderen Worten: Es wurde aufgrund der Wetterextreme mehr Energie zum Heizen und zum Kühlen gebraucht als in den Jahren zuvor.

Die globale Erdölförderung.
Grafik: BP

Die Gretchenfrage ist, ob das eine zufällige Fluktuation oder bereits eine Folge der Klimakrise ist. Wenn tatsächlich der Klimawandel dahintersteckt, dann könnte das nämlich einen Teufelskreis aus Extremwetter und höherem Energieverbrauch in Gang setzen, der wieder zu stärkeren CO2-Emissionen führt. Spencer Dale legt sich in seiner Interpretation nicht fest: Man müsse aber die Entwicklungen der nächsten Jahre genau beobachten. (Klaus Taschwer, 14.6.2019)