Achtung beim letzten Willen. Stimmt die Form nicht, kommt er oft nicht zur Anwendung.

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Carmen Thornton ist selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Ihre Kanzlei ist spezialisiert auf Trennungen und Scheidungen sowie Obsorge- und Unterhaltsverfahren. Auf derStandard.at/Familie beantwortet sie rechtliche Fragen bezüglich des Familienlebens.

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Wer ein Testament errichten möchte, muss einige Formvorschriften beachten. Fremdhändige, also maschinengeschriebene Testamente müssen sowohl vom Verfügenden selbst als auch von drei Testamentszeugen unterschrieben werden. Bei eigenhändigen, also handschriftlichen Testamenten ist hingegen nur die Unterschrift des Verfügenden erforderlich.

Bei einem Formfehler ist das Testament ungültig, selbst wenn es nachweislich dem letzten Willen des Verstorbenen entspricht. Es tritt daher – sofern nicht ein anderes gültiges Testament existiert – die gesetzliche Erbfolge ein, und die nächsten Verwandten des Verstorbenen kommen zum Zug. Die Personen, die in einem ungültigen Testament bedacht wurden, gehen hingegen leer aus, wenn sie nicht zum Kreis der gesetzlichen Erben zählen.

Unterschriften müssen immer direkt auf der Urkunde sein

Die Frage, ob die Formvorschriften eingehalten wurden, beschäftigt auch regelmäßig die Gerichte. Erst vergangenes Jahr hat der Oberste Gerichtshof (OGH) entschieden, dass die Testamentszeugen und der Verfügende auf der Urkunde selbst unterschreiben müssen und eine Unterschrift auf einem zusätzlichen losen und leeren Blatt für die Erfüllung der Formvorschriften nicht ausreichend ist. Zahlreiche Testamente waren damit ungültig.

Sehbehinderte Personen müssen auch unterschreiben

Ein Formfehler kam unlängst auch eine Haushälterin teuer zu stehen. Im Anlassfall hatte ein Mann von seinem Rechtsanwalt ein Testament errichten lassen und darin seine Schwester und die Haushälterin jeweils zur Hälfte als Erbinnen eingesetzt. Da die Sehkraft des Mannes bei der Errichtung des Testaments schon so eingeschränkt war, dass er den Text nicht mehr lesen konnte, wurde ihm das Testament von einem Rechtsanwaltsanwärter in Anwesenheit von zwei Testamentszeuginnen, die zuvor den Text gesehen hatten, vorgelesen.

Der Mann bestätigte zwar mündlich, dass der Inhalt seinem letzten Willen entspricht, das Testament selbst wurde jedoch nur von den Testamentszeuginnen und dem Rechtsanwaltsanwärter unterschrieben. Nach dem Tod des Mannes wurde das Testament angefochten, weil die Unterschrift des Verstorbenen fehlte. Der Fall ging bis zum OGH – und dieser kam zu dem Ergebnis, dass auch ein fremdhändiges Testament einer sehbehinderten Person vom Verfügenden selbst unterschrieben sein muss. Eine mündliche Erklärung, dass der Inhalt dem letzten Willen entspricht, reicht auch bei leseunfähigen Personen nicht aus. Die Haushälterin ging daher leer aus.

Sinnhaftigkeit

Auf den ersten Blick ist es vielleicht nicht ganz nachvollziehbar, welchen Sinn es haben soll, dass jemand auf einem Testament unterschreiben soll, das er ohnehin nicht lesen kann. Im Alltag käme vermutlich kaum jemand auf die Idee, einen Blinden zur Unterfertigung eines Dokuments aufzufordern.

Allerdings haben die strengen gesetzlichen Formvorschriften gerade bei letztwilligen Verfügungen durchaus einen Sinn, weil sie eine Überprüfung ermöglichen, ob das Testament tatsächlich echt ist, und verhindern, dass jemandem nachträglich ein Testament untergejubelt wird. Durch die Unterschrift lässt sich zwar nicht überprüfen, ob dem Verfügenden der Inhalt des Testaments tatsächlich richtig vorgelesen wurde, man kann aber zumindest feststellen, dass das, was ihm vorgelesen wurde, auch tatsächlich seinem letzten Willen entspricht. (Carmen Thornton, 25.6.2019)