So sehen die 45 Apartments des Projekts Six Senses Kitzbühel Alps aus.

Foto: Kitzbüheler Alps Projekt GmbH

Außerdem gibt es 15 freistehende Chalets.

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Nachhaltig soll auch die Mobilität der Immobilienbesitzer sein, sie bekommen einen E-Porsche beim Kauf mit dazu.

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Zur neuen Wohnung einen Porsche gratis dazu? Das gibt es für die künftigen Immobilienbesitzer des Projekts Six Senses Kitzbühel Alps in Salzburg. Denn auch wenn Kitzbühel im Namen steckt und das besonders nobel klingt, entsteht das Projekt auf 1200 Metern Seehöhe am Pass Thurn und auf Grund und Boden der Gemeinde Mittersill.

Geplant sind ein Fünf-Sterne-Hotel mit 80 Zimmern, 45 Apartments und 15 Chalets, die als Zweitwohnsitze verkauft werden und die, wenn die Eigentümer nicht anwesend sind, über das Hotel vermietet werden können. Die Preise starten bei 1,5 Millionen Euro. Das Projekt ist eine Kooperation mit Porsche, alle Käufer bekommen ein Auto mit dazu. Die Eröffnung ist für Sommer 2021 geplant, das Investitionsvolumen beträgt 180 Millionen Euro.

Perle der Natur

Doch damit ist noch nicht alles erzählt, denn das Spezifikum, mit dem das Projekt vermarktet wird, ist Nachhaltigkeit. "The Art of Sustainable Living" lautet der Untertitel der Entwicklung, der Porsche ist elektrisch, um die Ecke liegt das Wasenmoos – "eine unberührte Perle der Natur, in der wilde Orchideen wachsen". Der Standort sei Teil der lebendigen Region Kitzbühel und doch so weit weg davon, heißt es weiter.

Wie Six Senses Nachhaltigkeit genau definiert, weiß Michael Staininger, zuständig für Marketing und Kommunikation: Beim Bau würden "reine, unverfälschte Materialien" verwendet, das Essen stamme aus dem biologischen Anbau umliegender Bauern, das Trinkwasser aus der hauseigenen Alpenquelle, Mobilität funktioniere aufgrund der Partnerschaft mit Porsche mit "zero emissions", und man strebe an, im Resort völlig plastikfrei zu sein. Man sei sich bewusst, mit dem besonderen Grundstück behutsam umgehen zu müssen, daher habe man sich auch für die Marke Six Senses entschieden, die bereits in einigen anderen Erdteilen Resorts inmitten unberührter Naturgebiete betreibe, so Staininger.

Weite Wege

Was in der Welt von Investoren, Immobilienentwicklern und Marketingstrategen gut klingt, sehen Umweltschützer kritisch. Der Alpentourismus schadet der Natur und dem Klima, besonders in abgelegenen Regionen. Denn Wasser und Elektrizität müssen weit transportiert werden. "Es braucht unglaubliche Leitungslängen, die finanziert, gebaut und betrieben werden müssen. Das kann nicht nachhaltig sein, da braucht man bei der CO2-Bilanz gar nicht nachrechnen", sagt Arthur Schindelegger vom Forschungsbereich Bodenpolitik und Bodenmanagement der TU Wien.

Er kennt einige weitere Projekte, ganz ähnlich dem Konzept des geplanten Six Senses Kitzbühel Alps. Der Pinzgau sei derzeit Spitzenreiter bei Chaletprojekten und Investorenmodellen. Schindelegger kritisiert die Zweitwohnsitzwidmung, denn der Energie- und Ressourcenverbrauch beim Bau und Erhalt der Immobilien sei groß. Und das, "obwohl die Häuser nicht wirklich jemand braucht und auch niemand dort wohnt". Zumindest nicht das ganze Jahr über, das sagt auch Nachhaltigkeitsexperte Christian Baumgartner von Response & Ability: "Die ganze Infrastruktur ist auf eine Wohnfläche ausgerichtet, die nur wenige Tage im Jahr bewohnt ist."

Junge wandern ab

Gleichzeitig gehe durch solche Projekte oftmals der lokalen Bevölkerung Wohnraum verloren. "Junge Menschen wandern ab, weil sie sich Wohnen nicht mehr leisten können. Das ist eine Negativspirale in vielen Tourismusregionen", so Baumgartner. Dazu kommt, dass durch servicierte Apartments langfristig keine Jobs geschaffen werden, was ebenfalls die Vorteile für die Region verringere. Und: "Die Zweitwohnsitzer werden nicht ins Dorf integriert", so Schindelegger.

Doch zurück zur Umwelt. Dass die Natur vor Ort durch das Projekt in Mittersill leiden wird, glaubt Schindelegger nicht unbedingt. "Das nahegelegene Wasenmoos ist seit den 1970er-Jahren ein Naturdenkmal, zukünftig werden ein, zwei mehr Leute durchgehen, das wird es verkraften." Für das geplante Projekt ist es jedenfalls ein willkommener Werbeträger.

Trend der Zeit

Überhaupt ist Nachhaltigkeit ein Verkaufsschlager. "Es ist ein Trend der Zeit, sich mit dem Thema zu schmücken. Das Schlagwort wird aber oft ganz sinnentleert verwendet", sagt Baumgartner. Er glaubt, dass sich weder Betreiber solcher Projekte noch Kunden je genau mit Nachhaltigkeit auseinandergesetzt haben und sie überhaupt nicht wissen, was das genau bedeutet.

"Bauträger setzen ein paar Umweltmaßnahmen um, weil die gleichzeitig oft auch mit geringeren Kosten einhergehen", so Baumgartner. Er würde das eher umweltfreundlich und nicht nachhaltig nennen. Baumgartner hält auch den "geschenkten" E-Porsche für eine "Pseudoaktivität", wie er es nennt: "Es gibt dort keine öffentliche Anbindung, die meisten werden mit ihren SUVs vom Flughafen kommen. Von einem nachhaltigen Mobilitätskonzept ist keine Rede."

Und Schindelegger ergänzt: "Das ist ein reiner Marketinggag. Und was man mit dem Porsche im Winter am Pass Thurn macht, ist eine andere Frage."

Betriebskosten sparen

Dass Nachhaltigkeit mit Mehrwert begehrt ist, weiß auch Daniel Bolataschwili, bei EHL zuständig für Luxusimmobilien. "Energieeffizienz ist wichtig, weil damit laufende Kosten gespart werden können, das gilt auch bei Kunden, die Geld haben." Nachhaltigkeit also nicht der Nachhaltigkeit wegen, sondern weil sie gleichzeitig noch andere Vorteile bringt. Etwa auch eine bessere Wohnqualität; ein weiterer Grund, warum Kunden begrünte Freiflächen wollen, so Bolataschwili – weil sie die Luftqualität verbessern und Schatten spenden. Der Makler bestätigt, dass viele Kunden kaum über Nachhaltigkeit Bescheid wissen. "Wenn man aber erklärt, dass etwa eine Schafwolldämmung auch gesünder ist, zahlen sie gerne mehr."

Das liegt auch daran, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im Rahmen von Nachhaltigkeitsbemühungen zum Statussymbol geworden ist, bestätigt Luxusmakler Bolataschwili, und "sie gibt den Menschen eine psychologische Genugtuung".

Schlecht für die Umwelt ist allerdings der große Flächenverbrauch, besonders im Luxussegment. Darauf sei man – Statussymbol hin oder her – jedenfalls nicht bereit zu verzichten, so Bolataschwili: "Ein Bad zu jedem Schlafzimmer ist heute Standard, und beim Hauptbadezimmer geht unter zehn Quadratmetern gar nichts."

Zweischneidiges Schwert

Aus genau diesen Gründen, so Schindelegger, sei Nachhaltigkeit im Luxussegment ein zweischneidiges Schwert, "das trägt einen immensen Widerspruch in sich". Das dementiert Staininger von Six Senses, er sieht den Kauf einer Luxusimmobilie in den Bergen sogar als eine Art Schulungsmaßnahme: "Wir können die Naturverbundenheit und den Zugang zu einem bewussten Lebensstil nur fördern, wenn wir den Hotelgast und Eigentümer der privaten Residenzen uneingeschränkt in die Schönheit und Kraft der Natur einbetten." So bekomme er eine andere Perspektive "und nimmt diese dann auch mit in den gewohnten Lebensraum".

Der Gast solle lernen, mit der Natur zu leben, ohne sie zu zerstören und freilich auch ohne auf jegliche Annehmlichkeit zu verzichten, so Staininger. Man sei sich der Verantwortung durchaus "sehr bewusst".

Schindelegger wirft den Entwicklern keine "bösen" Absichten vor, wie er sagt: "Sie reagieren einfach auf das, was am Markt nachgefragt wird." Und bei Luxusprojekten in den Alpen stehen aktuell vor allem Prestige, alpine Baukultur, Ausblick und eine angebliche traditionelle Lebensweise im Vordergrund, weiß Schindelegger: "Wiese, Wald, Wildbach – das Rückbesinnen auf die Natur wird quasi mitverkauft."

Und am Ende entscheide immer noch die Politik, was gewidmet – und damit auch gebaut – wird. (Bernadette Redl, 21.6.2019)