Christoph Dienz (2.v.li.) erleichtert: Mit 50 sei man "noch genauso kindisch und blödelt wie eh und je."

Konzerthaus

Wien – Es ist eine sanfte Rückkehr – ohne Jauchzen und schenkelklopfendem Auftrumpfen. Die Knoedel liefern auf Still Kammermusik, deren Balladen mitunter an den alten Meister der Melancholie, John Dowland, erinnern. Das Oktett, einst ein europaweiter Renner zwischen gehobener Folklore und erdiger Klassik, setzt auf den Charme der Zimmerlautstärke. Wobei: Komponist, Zitherspieler und Fagottist Christoph Dienz mixt in die Idyllen reizvolle Irritationen ein. Spieldosenflair trifft dann auf widerborstige Sounds; vertrackte Rhythmen auf Witz (Veitstanz).

Die Bandfreunde sind natürlich älter geworden, und 17 Jahre bescheren Erfahrungen aller Art. Die Stücke kreisen denn auch nicht nur um Liebe. Es geht auch um Tod und Politik.

Wie vor zwei Monaten

Trotz der jahrelangen Pause sei es nicht komisch gewesen, wieder im Studio aufeinaderzutreffen, findet Dienz. Es habe sich eigentlich angefühlt, "als hätten wir vor zwei Monaten das letzte Mal gespielt." Und: Alle hätten sich zwar gefreut, "aber keiner war überemotionalisiert." Mit Emotionen hängt ja wohl zusammen, dass die Band einst letztlich auseinanderging.

Die Knoedel

Man habe acht Jahre gemeinsam und viel "musiziert, und wir waren ein bisschen leer. Wir hatten auch das Gefühl, dass es besser ist, zu einem Zeitpunkt aufzuhören, da wir uns noch gut verstanden." Projekt und die Freundschaft sollten nicht totgespielt werden.

Die Versöhnung

Insofern, meint Dienz, hat sich die Pause ausgezahlt, das alte Gefühl war wieder da. "Wir haben eine ganz eigene Art des Zusammenspiels: Alle sind sehr aufmerksam und reagieren sofort", beschreibt Dienz diesen Zugang, der stilistisch gleichsam eine Versöhnung von Regionalismus und Globalismus darstellt.

Solch ein Ansatz hat es gegenwärtig womöglich nicht leicht. Er prallt mittlerweile auf ein populistisches Klima, das Sorgen durch Abschottung zu mildern trachtet. Zudem ist auch das Musikbusiness ein anderes, härteres geworden. "Die Veranstalter geben viel Verantwortung an Künstler ab", meint Dienz, künstlerische Arbeit reiche nicht mehr aus. "Du musst dir auch Marketingstrategien überlegen, du bist als Künstler gleichzeitig Alleinunternehmer."

Spaß bleibt Spaß

Dienz will jedoch nicht jammern. "Das möchte keiner hören. Außerdem waren wir ja die vielen Jahre nicht auf der Schattenseite des Mondes, sondern immer voll in Betrieb. Wir sind mit den Möglichkeiten und Herausforderungen mitgewachsen."

Natürliche Zusatzfolge: Die Bandmitglieder sind mittlerweile alle um die 50. Das mag sie nicht "gerade super hip machen. Dafür spüre ich beim Publikum eine gewisse Erleichterung oder gar Glückseligkeit." Warum? "Weil sie an uns sehen, dass die Zeit nicht stehen bleibt und das dies in Ordnung geht." Mit 50 bleibe Spaß immer noch Spass, "im Kopf ändert sich ganz wenig." Man sei "noch genauso kindisch und blödelt wie eh und je." Es verstehen die Knoedel also, der Melancholie eine gewisse Leichtigkeit zu verleihen. Hört nach bei Still. (Ljubiša Tošic, 15.6.2019)