Zeffirelli beim Begräbnis von Luciano Pavarotti.

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Die Bibel, Shakespeare und die großen Opern des 19. Jahrhunderts: Das waren die Welten, in denen Franco Zeffirelli lebte. Unter den italienischen Filmemachern der Nachkriegsepoche war er der Außenseiter, weil er ästhetisch unbeirrt konservativ blieb. Er war ein Mann der großen Stoffe, die er nicht an eine Gegenwart verraten wollte, zu der er sich in aristokratischer Distanz sah. Es war ein kultureller Adel, den er verfocht, denn seine Herkunft als unehelicher Sohn eines Stoffhändlers und einer Kostümbildnerin war klassischer italienischer Mittelstand: Zeffirelli kam 1923 in Florenz zur Welt.

In seinem späten Film Tea with Mussolini ließ er diese Welt noch einmal lebendig werden, ein altes Europa, in dem ein junger Mann inmitten sprachgewandter englischer Damen aufwachsen konnte, und in dem der Duce vor allem als der Mann gesehen wurde, der "die Züge wieder pünktlich fahren ließ". Von den Erfahrungen des Krieges und des Faschismus spürte man später wenig in Zeffirellis Werk. Er studierte in diesen Jahren in Florenz, und trat nach 1945 scheinbar bruchlos in die Welt der repräsentativen Künste ein: bevor er noch zum Kino kam, war er bereits ein bekannter Opernregisseur.

Luchino Visconti, der so eigensinnige Verbindungen zwischen Dekadenz, Marxismus und Neorealismus fand, war damals der Mentor und Lehrer von Zeffirelli – und für einige Zeit waren die beiden auch ein Liebespaar. Zeffirelli bestand später immer darauf, er wäre nicht "gay", sondern homosexuell, und er schloss mit seinem Selbstverständnis bei der Antike an. Seine sexuelle Initiation hatte er mit einem Priester gehabt, und er verwehrte sich dagegen, das als Missbrauch zu bezeichnen.

An den großen Bühnen der Welt

In der Welt der Oper fand er erste Bestätigung. Er inszenierte seit den 1950er Jahren an allen großen Bühnen der Welt, auch an der Staatsoper. Maria Callas wurde eine enge Freundin, der er viel später noch einen Dokumentarfilm widmete: Callas Forever (2002). Der erste Film von Zeffirelli war eine Klamotte: Camping (1958) mit dem Komiker Nino Manfredi. Es folgten Shakespeare-Adaptionen für das Kino: The Taming of the Shrew (1967) mit Elizabeth Taylor und Richard Burton, und ein Jahr später Romeo and Juliet, für den er mit Olivia Hussey eine junge Schauspielerin entdeckte, die wie ein Hippiekind wirkte. Eine kurze Nacktszene mit der damals 16-Jährigen sorgte zusätzlich für Furore.

Mit diesem Welterfolg hatte Zeffirelli unvermutet den Zeitgeist getroffen: er war plötzlich Held der Jugendkultur. Und er brachte danach auch noch Franz von Assisi (Brother Sun and Sister Moon) und schließlich Jesus von Nazareth (mit dem Fernseh-Mehrteiler gleichen Titels) in seine Galerie der Weltfrömmigkeit ein. 1990 spielte Mel Gibson unter seiner Regie einen Hamlet für das Kino.

Zeffirellis innere Widersprüche fanden in seinen späten Jahren zunehmend Ausdruck in einer restaurativen Geisteshaltung: Dass er für Berlusconis Forza Italia in die Politik ging, dass er prächtige Inszenierungen für den Vatikan ausrichtete, sah er alles in seiner Idee von Hochkultur aufgehoben. Am Samstag ist Franco Zeffirelli im Alter von 96 Jahren in seiner Heimatstadt Florenz gestorben. (Bert Rebhandl, 16.6.2019)