Jan Gorkow alias Monchi von Feine Sahne Fischfilet hat mit seinen Eltern Glück gehabt, sagt er beim Festiavl Nova Rock.

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Jan Gorkow liebt saftige Vergleiche. Der liebevoll "Monchi" gerufene Sänger der deutschen Band Feine Sahne Fischfilet steht am dritten Tage des Nova Rock Festivals am Nachmittag auf der Bühne und predigt. Gegen Rassismus, gegen Homophobie, gegen all das, was friedvolles Zusammenleben bremst. Das kann beim Thema "Menschen vor dem Ertrinken retten" so klingen: "Ich kann von Glück reden, dass meine Eltern in Vorpommern gefickt haben und nicht in Aleppo." Und dann ab in den nächsten Song.

FSF heben die Laune am staubigen Feld außerhalb von Nickelsdorf gehörig. Vor allem der Bläsersatz des forsch rockenden Unternehmens macht Druck, den Rest besorgt Monchi, der aussieht wie ein singender Burgerkoch. Er verteilt Flugbier in den ersten Reihen, bedankt sich als guter Sohn bei Mudda und Vadda und stellt mehr als einmal fest, wie geil das hier ist.

Nagelstudio Jennifer

Um so etwas wie Geilheit bemüht sich im Anschluss auch RIN. So nennt sich der deutsche Rapper Renato Simunovic, wenn er im Ghetto die Straße runtergangstert. Für seinen Auftritt hat man jede Menge Autokarosserie-Teile auf der Bühne geschleppt – in Violett, was irgendwie pride aussieht. Oder wie das Nagelstudio Jennifer drüben in Wien Donaustadt, vor dem immer eine Batterie VW Golf parkt. Vor dieser Kulisse bemüht sich RIN um Aufmerksamkeit, weiß, dass er auf diesem Rockfestival ein Alien ist und versucht es mit Charme und Bass.

Das mit dem Charme übt er noch, das mit dem Bass klappt halbwegs, wenngleich die Beats klingen wie bei Otto Versand gekauft. Als One-Man-Show (hinten steht noch ein Kollega am Laptop) ist ihm die Bühne auf jeden Fall zu groß, das Autotune-Gezwitscher lächerlich. Bevor man Mitleid bekommt, wechselt man die Bühne und schaut rüber zu den bösen Finnen von Children of Bodom.

Die zählen nach über 25 Jahren im Gewerbe auch schon zu den Altspatzen des Todes und spielen Metal mit Mundwinkeln nach der Bauart von Angela Merkel. Nichts ist "great", alles ist "fucking great". Fährt nicht schlecht, nur das Keyboard ist in dem Fach eigentlich immer eine Katastrophe, das gehört seit Van Halen eigentlich zur Allgemeinbildung.

Wund im falschen Textil

Der dritte Tag im Zeichen des harten Rock hat manche Iron Men auf den Panonia Fields ganz schön weich gemacht. Einige wirken wie Statisten in einer Drehpause zu The Walking Dead: Publikum in verschiedenen Stadien des Untotseins, nur die kindliche Beschäftigung mit dem Handy zeigt, alles noch vital.

Spaß nach Vorschrift: Crowdsurfen beim Nova Rock.
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Drüben müht sich immer noch RIN ab, später am Abend werden Bonez M & Raf Camora das Dilemma für all jene noch einmal wiederholen, die bei RIN unpässlich waren.

Einen weiteren Bühnenwechsel später steht man vor Powerwolf. Der Name klingt nach wunder Haut nach zu viel Workout im falschen Textil, aber Irrtum. Powerwolf spielen – wer hätte das gedacht? – Power Metal. Wobei noch der elendste Metal Power hat, aber was seine Schubladen angeht, ist kein Fach so kreativ wie Metal.

Powerwolf aus Saarbrücken. Die lustigste Band des dritten Tages.
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Powerwolf kommen aus Saarbrücken. Sie spielen in Kutten und Folterknecht-Gala Metal mit sogenannten sakralen Elementen. Das ergibt eine Schnittmenge aus Die Ritter der Kokosnuss, Das Leben des Brian und harter Suppe. "Metal Is Religion" lautet ihr Motto. Das Konzert ist eine Art Fortsetzung dessen, was einst als Jazzmesse als progressives kirchliches Angebot in Richtung Dorfjugend eingeführt wurde.

Große Show mit rinnender Schminke, Pathos und Augenzwinkern. Das vermitteln vor allem die Songtitel: Demons Are a Girl's Best Friend, Fire and Forgive und – der beste -: Resurrection by Erection. Ein Traum.

Campino von den Toten Hosen in routinierter Ausgelassenheit.
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Als vermeintlicher Höhepunkt steht am Ende eines langen Tages dann noch der Gig der Toten Hosen an. Im Vorjahr musste die Band nach einem Hörsturz des Sängers ihren Auftritt beim Festival kurzfristig absagen, heuer sollte sie es wieder gut machen. Party können sie, das weiß man. Lieder wie Du lebst nur einmal oder Auswärtsspiel bringen sie auf den Weg. Ein Fest für die ganze Familie.

Ein Seitenhieb auf das Thema Videoüberwachung und Heinz-Christian "Ich bin hier das Opfer" Strache sorgen für breite Zustimmung. Musikalisch alles wie immer: Schlager für Fortgeschrittene, und in ein paar Jahren dann drüben beim Lovely Days Festival zu bewundern. (Karl Fluch, 16.6.2019)