Ein Kraftwerk im russischen Samara.

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Während der "Kalte Krieg", der die Menschheit einst an den Rande eines atomaren Konflikts zwischen der Sowjetunion und den USA brachte, längst vorbei ist, scheint er sich nun auf digitaler Ebene zu wiederholen. Russland und die Vereinigten Staaten verdächtigen sich immer wieder digitaler Untaten. Meist geht es dabei um Dinge wie Datenklau oder Wahlmanipulation, aber auch wichtige Infrastruktur ist ein Ziel in diesem Konflikt. Versuchte Sabotage von Kraftwerken, lautet ein gegenseitiger Vorwurf.

Wie die "New York Times" nun berichtet, schalten die USA nun einen Gang hoch. Die Cyberstreitkräfte "eskalieren" nun ihre Angriffe auf das russische Stromnetz.

Nicht mehr nur Überwachung

Schon länger seien US-Hacker damit befasst, das Netz zu überwachen. Nun allerdings geht man weg von der reinen Beobachtung, auch um eine Warnung an Putin zu übermitteln. Das geht aus mehreren Interviews mit ungenannten Offiziellen hervor, die die Zeitung in den letzten Monaten geführt hat. Die Befürworter der neuen Strategie hatten damit argumentiert, dass es nach jahrelangen Warnungen in Richtung Moskau nun an der Zeit sei, den Worten Taten folgen zu lassen.

Schon zumindest seit 2012 läuft die Überwachung der russischen Netze. Nun soll man auch Malware einschleusen, die nicht nur Daten sammelt, sondern Angriffskapazitäten mitbringt. Sie dient einerseits, wie erwähnt, der Warnung und andererseits als Waffe, sollte es einmal zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Ländern kommen.

Erst unlängst äußerte sich Trumps Chef für die nationale Sicherheit, John Bolton, über die US-Strategie am digitalen Schlachtfeld. Seine Botschaft an "Russland, oder jeden anderen, der sich an Cyberoperationen gegen uns beteiligt: Ihr werdet einen Preis dafür zahlen."

Mehr Rechte für das Cyber Command

Grundlage für die neueren Operationen des US Cyber Command sind neue Kompetenzen, die ihm durch Trump zugesprochen wurden. Festgelegt wurden diese zum Teil in einem präsidentiellen Memorandum im vergangenen Sommer. Der genaue Wortlaut ist unbekannt, das Dokument ist nach wie vor als geheim eingestuft.

Die Russland-Operation dürfte konkret allerdings auf einem Gesetz fußen, das vor einem Jahr den Kongress passiert hat. Es gestattet die Durchführung geheimer, militärischer Aktivitäten zum Zwecke der "Abschreckung, Schutz oder Verteidigung" gegen digitale Angriffe auf die USA. Das Vorgehen sei mittlerweile viel aggressiver, als noch vor ein paar Jahren, man betreibe Operationen in einem Ausmaß, das man sich niemals hätte vorstellen können, gibt ein Offizieller zu Protokoll. Das aktuelle Vorgehen soll auch als Abschreckung dienen, um russischen Angriffen im Rahmen der nächsten Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr vorzubeugen.

Digitaler Warnschuss

Wie leistungsfähig die angriffstaugliche Malware ist, die man aktuell im Einsatz hat, ist unklar, da nicht bekannt ist, um welche Schadsoftware es sich genau handelt. Abzuwarten bleibt auch, wie Russland reagiert. Für Robert Chesney, Rechtsexperte von der University of Texas, hat sich die demonstrative Vorführung militärischer Macht in den digitalen Raum verlagert.

Wo militärische Mächte einst Kriegsschiffe in Sichtweite der Küste ihrer Kontrahenten auffahren ließen, demonstriert man nun, dass man sich Kontrolle über das Stromnetz verschaffen kann. Somit zeigt man, ohne viel zu tun, dass man in der Lage ist, schwere Schäden zu verursachen.

Trump sauer

Bei US-Präsident Donald Trump hat der Bericht der "New York Times" für Verärgerung gesorgt. Er bestreitet dessen Wahrheitsgehalt. Weiters wirft der dem Medium einen "Akt des Verrats" vor und bezeichnet "die Medien" erneut als "Feinde des Volkes."

In einer Antwort bezeichnet die "Times" Trumps Äußerungen als "gefährlich". Zudem weist man darauf hin, dass man den Inhalt des Artikels vorab gegenüber Vertretern der Trump-Regierung beschrieben habe, die keinerlei Bedenken ob der Veröffentlichung geäußert hätten – was im Artikel auch so vermerkt ist. (red, 16.06.2019)