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Großer Unmut in Hongkong.

Foto: REUTERS/Jorge Silva

Massenproteste haben die Erweiterung von Hongkongs Auslieferungsgesetz vorerst zu Fall gebracht. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis China es wieder versucht, die Freiheiten der Sonderverwaltungszone einzuschränken. Nicht nur einmal setzte Peking ihnen bereits das Messer an.

  • Sommer 2003: Nur sechs Jahre nach der Übergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie versucht Peking, das in der Volksrepublik geltende Anti-Subversions-Gesetz als Artikel 23 im Hongkonger Grundgesetz zu verankern. So sollen alle von Hongkong drohenden Gefahren für Chinas Sicherheits- oder Stabilitätsinteressen abgewehrt werden können. Bis zu 500.000 Hongkonger laufen am 1. Juli 2003 Sturm gegen die implizite Einschränkung ihrer Presse, Vereins-, Versammlungs- und Glaubensfreiheiten. Mit Erfolg: Der damalige Verwaltungschef Tung Chee-hwa zieht zwei Monate später alle Pläne zur Gesetzänderung zurück – bis heute.
  • Sommer 2012: Hongkong plant in seinen Schulen, ein neues Curriculum für "patriotische Erziehung" einzuführen. Das Lehrmaterial soll sich auch auf Chinas Schulbücher stützen, für Peking heikle politische Themen ausklammern und die KP Chinas glorifizieren. Nach zehn Tagen Protesten von Lehrern und Studenten zieht Hongkongs Regierung ihre Schulbuchreform zurück.
  • Herbst 2014: Für 2017 hat Chinas Regierung Hongkong die Durchführung allgemeiner, freier Wahlen versprochen. Doch Peking legt über seinen gesetzgebenden Volkskongress 2014 für Hongkong ein besonderes Wahlrecht fest, um prochinesische Mehrheiten zu garantieren. Es provoziert darauf eskalierende Jugend- und Studentendemonstrationen (Regenschirmrevolution), die nach freien Wahlen und politischen Reformen rufen. Die Massenproteste legen für 79 Tage den Regierungsbezirk lahm, ändern aber nichts am Wahlrecht. Im April 2019 verurteilt ein Hongkonger Gericht neun Aktivisten der Proteste wegen Unruhestiftung und Sachbeschädigung.
  • Winter 2015: Mitte 2015 löst das Verschwinden von fünf Buchhändlern Aufregung in Hongkong aus. Sie arbeiten für ein Verlagshaus und Buchgeschäft mit kritischen Publikationen und Schmähschriften über Pekings Führer. Wenig später kommt heraus: Chinas Sicherheitsbehörden hatten sie aus Hongkong entführt oder unter Vorwänden aufs Festland gelockt. Vizeverleger Gui Minhai wurde trotz schwedischer Staatsbürgerschaft während seines Urlaubs aus Thailand gekidnappt. Ein Buchhändler (Lam Wing-kee) geht an die Öffentlichkeit, nachdem es ihm gelingt, nach Hongkong zurückzukehren. Er nennt die Absicht seiner Verfolger: herauszufinden, wer die Leser der Bücher in China sind – und Furcht in der Verlagslandschaft zu verbreiten.
  • Jänner 2017: Unter ungeklärten Umständen wird der Wirtschaftsmagnat Xiao Jianhua aus dem Hongkonger Four Seasons Hotel ins Festland verbracht – ein Schock für Chinas Superreiche mit Domizil in Hongkong. Der Milliardär ist, wie Pekinger Fachzeitschriften verrieten, in der Hand von Sonderbehörden. Xiao leitete die undurchsichtige "Tomorrow-Gruppe" mit hunderten dubioser Finanzgesellschaften, die inzwischen von Chinas Staatsbanken zerschlagen oder nationalisiert wurden.
  • Oktober 2018: In Hongkong konnten Korrespondenten im Gegensatz zur Volksrepublik immer frei arbeiten. 2018 aber wird Financial Times-Reporter Victor Mallet ohne Begründung sein Visum nicht verlängert, und er wird de facto ausgewiesen. Das geschieht, kurz nachdem er als Vizevorsitzender des Auslandskorrespondenten-Klubs (FCC) im August 2018 eine Diskussionsveranstaltung mit dem Oppositionellen Andy Chan leitete und diesem damit ein Podium bot. Chan gehört der inzwischen verbotenen Hongkonger Nationalpartei (HKNP) an, die sich für die Unabhängigkeit von China einsetzt und für Pekings KP-Regierung ein rotes Tuch ist. (Johnny Erling aus Peking, 16.6.2019)