Vergangenes Wintersemester zählten Österreichs Fachhochschulen 53.401 Studierende. Frauen machten einen Anteil von 49,8 Prozent aus, Männer von 50,2. Zum Vergleich: An den Unis ist der Frauenanteil mit 53,5 Prozent etwas höher.

Egal ob Uni oder FH, an beiden Hochschultypen gibt es Fächer, die vorwiegend Männer inskribieren, und solche, wo der Frauenanteil beinahe bei 100 Prozent liegt. So waren an den Fachhochschulen in den Bereichen Gesundheitswissenschaften und Sozialwissenschaften im Wintersemester 2018 überwiegend Frauen eingeschrieben: Bei Ersteren lag der Frauenanteil bei rund 81 Prozent, bei Letzteren bei rund 74 Prozent.

Wenig überraschend ist der Männeranteil in den Technik- und Ingenieurswissenschaften doppelt so hoch, und auch in den Militär- und Sicherheitswissenschaften überwiegen die Männer – mit einem Anteil von rund 91 Prozent. Eher ausgeglichen ist das Geschlechterverhältnis in Studien der Gestaltung und Kunst, Natur- und Wirtschaftswissenschaften.

Wie gehen die Studentinnen und Studenten, die in ihrem Fach in der Minderheit sind, damit um? Welche Herausforderungen und Chancen sehen sie dadurch? DER STANDARD hat bei vier FH-Studierenden nachgefragt.

"Ich spiele mit dem Klischee"

Eva-Maria Kienzl studiert Informatik

Kommunikation und Informatik sind einander ähnlicher, als man denkt, findet Eva-Maria Kienzl. Der 25-Jährigen gefällt beides. "IT ist eigentlich nichts anderes, als eine neue Sprache zu lernen", sagt die Steirerin. Sie hat nach der Matura Journalismus und Public Relations studiert und im Herbst des Vorjahres Mobile Software Development inskribiert. Das Studium wird von der FH Joanneum angeboten und ist eine Kooperation mit der FH Campus 02 und der Technischen Uni Graz.

In ihrem ursprünglichen Metier, der Pressearbeit, hat Kienzl schon Berufserfahrung sammeln können: Sie arbeitet seit vier Jahren in der Kommunikationsabteilung ihrer Fachhochschule. Sie schreibt in Pressemeldungen über Projekte, die an der Hochschule stattfinden, oder telefoniert mit Journalistinnen und Journalisten. "Ich finde Kommunikation super spannend, habe aber gemerkt, dass ich noch etwas Technisches machen will", sagt die junge Frau. "Wie Computer funktionieren und wie man sie für seine Zwecke nutzen kann, interessiert mich."

Im Sommer wird sie von der Kommunikations- in die IT-Abteilung der Fachhochschule wechseln. Neues zu lernen sei ihr Antrieb. "Und das ist wieder einmal etwas ganz Neues."

Frauen sind in Informatikstudien generell unterrepräsentiert. Ihr Anteil beträgt in Österreich gerade einmal 14 Prozent, zeigen Daten des Statistikamts Eurostat. Wie Kienzl reagiert, wenn ihr jemand mit Vorurteilen kommt? "Ich spiele mit dem Klischee." In ihrem Studium ist immerhin rund ein Drittel der Studierenden weiblich. Sie findet, es könnten ruhig noch mehr sein, denn Informatik sei keine Männersache. "Wenn sich die Geschichte anschaut, war IT durchaus ein weibliches Feld. Und ich denke, das könnte es auch wieder werden, wenn man den Kommunikationsaspekt stärker betont." (lib)

"Ich habe gelernt, Teamplayer zu sein"

Michael Schmid ist in Diätologie inskribiert

Er wollte immer schon Menschen beim Gesundwerden unterstützen, sagt Michael Schmid. Wie Ernährung dabei helfen kann, lernt der 35-Jährige derzeit im Lehrgang Angewandte Ernährungstherapie an der Fachhochschule St. Pölten.

Zuvor war Schmid zehn Jahre lang Langstreckenläufer auf Leistungssportniveau. Parallel hat er Ernährungswissenschaften an der Uni studiert. Ursprünglich wollte er Medizin studieren. "Mir war aber gleich klar, dass das neben dem Sport wahrscheinlich schwierig wird."

2015 beendete Schmid seine Sportlerkarriere und zwei Jahre später auch sein Studium. Fortan hielt er Workshops in Schulen zu gesunder Ernährung. "Damit war ich aber nicht ganz zufrieden." Er wollte sich neu orientieren.

Von einer ehemaligen Studienkollegin erfuhr er von dem einjährigen Lehrgang an der FH St. Pölten. "Als ich mir die Berufsbeschreibung durchgelesen habe, dachte ich: Das sind alles Dinge, die mich interessieren, mit denen ich mich schon jahrelang beschäftige." Er hat sich beworben und wurde angenommen – als einziger Mann unter 22 Studierenden. Wie das für ihn ist? "Man ist als männlicher Gegenpart in einer weiblich dominierten Gruppe schon sehr gefordert. Viel mehr, als wenn es noch zwei oder drei weitere Kollegen gäbe."

In manchen Situationen halte er sich bewusst zurück. "Als Mann bin ich eher dazu verleitet, mich durchsetzen zu wollen und die Führung zu übernehmen", sagt Schmid, der im letzten Jahr gelernt hat, "Teamplayer zu sein". Warum sich vor allem Frauen für das Studium interessieren? "Ich denke, dass im Berufsbild sehr viele Eigenschaften gefragt sind, die klassisch eher Frauen zugeordnet werden, etwa Einfühlungsvermögen, Geduld oder Fürsorglichkeit", sagt Schmid.

Im September wird er den Lehrgang abschließen. "Es war mein kleines Medizinstudium", resümiert er. (lib)

Emily Arabadjian

"Bei einem Einsatz fragt keiner, ob ich eine Frau bin"

Lisa Kreuzwirth studiert Militärische Führung

Eigentlich wollte sie nach der Unterstufe das Realgymnasium der Militärakademie in Wiener Neustadt besuchen. Doch die Vorstellung, in einem Internat zu leben, schreckte die gebürtige Steirerin Lisa Kreuzwirth ab.

Nach der Schule inskribierte sie Italienisch und Geografie auf Lehramt. Nach drei Semestern merkte sie aber, dass das nichts für sie ist. Sie wollte lieber etwas "nicht Alltägliches machen, viel draußen unterwegs sein".

"Daher bin ich wieder auf das Bundesheer zurückgekommen. Hier werde ich körperlich und geistig gefordert", erzählt die 22-Jährige. Sie studiert mittlerweile im zweiten Semester im Bachelor des FH-Studiengangs Militärische Führung an der Militärakademie in Wiener Neustadt.

In ihrem Jahrgang ist Kreuzwirth eine von sechs Frauen unter 69 Männern, insgesamt sind zehn Studentinnen am Campus. "Anfangs wurde ich schon kritisch beäugt." Etwa ob sie sich überhaupt traue, "vor den Leuten zu stehen und Befehle zu erteilen. Man muss selbstbewusst sein." Doch wenn man zeigt, "dass man mithalten kann, ist das Geschlecht egal".

Die Geschlechtertrennung beim Bundesheer ist strikt. So sind die Frauen bei Gruppenübungen meist in einem anderen Gebäude untergebracht. "Für uns wäre es leichter, wenn wir gemeinsam untergebracht wären, da wir so Befehle und Lageänderungen nicht immer zeitverzögert mitbekämen und nicht für jede Kleinigkeit zwischen den Gebäuden hin- und herlaufen müssten."

Auch bei den sportlichen Leistungsprüfungen gibt es Unterschiede, ansonsten werden sie "gleich behandelt": So müssen die Studentinnen 2,4 Kilometer in zwölf Minuten und 30 Sekunden laufen und 15 Liegestütz machen, die Männer müssen eine Minute schneller sein und zehn Liegestütz mehr machen.

Kreuzwirth fände es sinnvoll, die Limits anzugleichen, denn: "Im Einsatz fragt mich keiner, ob ich eine Frau oder ein Mann bin, da muss ich die gleiche Leistung erbringen." (set)

Augenblick Stainz Barbara Zapfl

"Schon viele Frauen auf einem Haufen"

Marcel Wöhrer ist in Gesundheits- und Krankenpflege eingeschrieben

Er hat an der Handelsakademie maturiert und dann aber eine ganz andere Richtung eingeschlagen: Marcel Wöhrer. Der 22-Jährige studiert im vierten Semester Allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege an der Fachhochschule Wiener Neustadt. "Ich wusste immer, dass ich Menschen helfen möchte", sagt der Niederösterreicher. Was genau er studieren will, habe er aber nicht gleich gewusst. Schließlich ist die Wahl auf Gesundheits- und Krankenpflege gefallen.

Die Reaktionen auf seine Berufswahl seien durchweg positiv, berichtet Wöhrer. "Wenn ich erzähle, was ich mache, finden das immer alle gut", sagt der junge Mann. Und er wird nach Abschluss auch gute Jobchancen haben: Laut einem Bericht des Wifo steigt der Bedarf an Pflegekräften in den nächsten Jahrzehnten stark. Im Jahr 2030 werden demnach gut 24.000 zusätzliche Stellen benötigt.

In seinem Studium ist Marcel Wöhrer als Mann in der Minderheit: Das Verhältnis Studentinnen zu Studenten beträgt aktuell 80 zu 20. "Es sind schon viele Frauen auf einen Haufen", sagt Wöhrer. Aber ihn störe das nicht, er mache da keinen Unterschied.

Für die Arbeit sei es allerdings von Vorteil, wenn sich der Männeranteil langsam erhöht, findet der Student. "Denn unser Beruf ist körperlich schon sehr anstrengend." Man müsse beispielsweise die Patienten und Patientinnen heben oder stützen. "Da ist es natürlich gut, wenn ein Mann dabei ist."

Anatomie und Pathologie interessieren ihn von allen Fächern am meisten, sagt Wöhrer. Wenn er den Bachelor abgeschlossen hat, möchte er zunächst in einem Spital Arbeitserfahrung sammeln. Sein Plan ist, anschließend noch einen Master zu machen. Denn sein ist Ziel es, einmal im Pflegemanagement zu arbeiten. (lib)

Juergen Pletterbauer/FH Wiener Neustadt