Der Gang zum Dirigentenpult dauert etwas länger, aber sein Lächeln ist so strahlend wie eh und je: Nach einer überstandenen Krebserkrankung war Zubin Mehta am vergangenen Sonntagmittag mit den Wiener Philharmonikern wieder im altvertrauten Musikverein – an dem Ort, an dem er vor 62 Jahren zum ersten Mal ein Orchester geleitet hat. Berührend, wie langanhaltend und warm der Willkommensapplaus ausfiel, der auch im Oktober 2018 bemerkenswert ausgefallen war. Mehta war mit dem Israel Philharmonic Orchestra angereist.

Mit Strawinskys Le sacre du printemps hatte sich der 83-Jährige einen schweren Brocken vorgenommen. Mehta dirigierte den einstigen Schocker, in dem sich die Moderne im Gestus einer vorzivilisatorischen Barbarei Bahn brach, auswendig und mit einer federnden Leichtigkeit. Und so machte auch die Interpretation der Philharmoniker trotz aller Klangmacht kaum je Angst (die man beim Sacre schon einmal bekommen kann).

Familienzusammenführung

Vor der Pause war Familienzusammenführung angesagt: Zubin Mehta musizierte mit dem Sohn seines Cousins Dady, Bejun Mehta. Letzterer besingt als Countertenor schon seit längerem die ganze Opernwelt. Im Musikverein demonstrierte der US-Amerikaner bei drei Mozart-Arien (u._a. aus Mitridate, re di Ponto und Ascanio in Alba) Virilität und Wandlungsfähigkeit seiner Kopfstimme. Möglichst unterschiedliche und möglichst extreme Emotionen in möglichst kurzer Zeit zu vermitteln: Dieses Kunststückwerk gelang Mehta beim frühen, noch von der barocken Klangrede geprägten Mozart virtuos.

Vielleicht, dass er beim Piano in der hohen Lage bisweilen etwas schummelte und nicht immer zu einem einheitlichen Timbre fand. Die Wiener Philharmoniker begleiteten farbig, frisch, mit saftigen Sforzati. Mozarts A-Dur-Symphonie KV 201 hatte zuvor mit ihren minimalen Mängeln im Zusammenspiel der Geigen einen leicht unerprobten Eindruck hinterlassen. (sten)